eine Rekonstruktion der Wirtschaftsweise liefern die
Funde in einem Haus. Landwirtschaftliche Tätigkeiten
lassen sich an Hand von Geräten und Werkzeugen (z. B.
Sicheln, Sichelklingen) und an organischem Fundmate-
rial (Pflanzenarten, Wild-/Kulturpflanzen) erschließen.
Der Grad an wirtschaftlicher Selbständigkeit kommt im
Umfang der hauseigenen Speichermöglichkeiten (Menge
und Größe der Vorratsräume, Gruben, Großgefäße)
zum Ausdruck. Dies geht davon aus, daß bei nicht-selb-
ständiger Landwirtschaft und der Abhängigkeit eines
Haushaltes von Getreidezuteilungen keine größeren,
d. h. längerfristigen Speicherkapazitäten im eigenen
Haus erforderlich sind. Außerdem ist zu erwarten, daß
ländliche Haushalte, deren Mitglieder keinen eigenen
Landbesitz haben und auch keine gepachteten Felder
bewirtschaften, sondern als Erntearbeiter auf fremdem
Land arbeiten, im allgemeinen keine eigenen Ackerbau-
geräte wie Sicheln besitzen. Wenn dafür aus Mangel an
vergleichenden Untersuchungen auch keine Allgemein-
gültigkeit postuliert werden kann, finden sich im Falle
von Metallsicheln, Sensen und metallenen Dreschschlit-
ten-Einsätzen ethnographische Belege für diese Hypo-
these (Kramer 1982, 71 f.).
Die Bedeutung von Viehhaltung und/oder Jagd fiir
die Ökonomie eines Haushaltes ist an Hand von Tier-
knochenfunden (Anteile von Haus- und Wildtieren),
Pflanzenresten, die auf Tierfutter hinweisen (s. Kap.
12.4.), und baulichen Befunden (Ställe, Futtertröge) zu
erschließen. Auf handwerkliche Tätigkeiten, die im
Haus ausgeführt wurden, verweisen Gerätefunde (z. B.
Spinnwirtel, Nähnadeln, Klopfinstrumente, Tiegel, Guß-
formen, Modeln, Glättsteine), Rohmaterialien (z. B.
Töpferton, Metallrohlinge, Flintknollen), Handwerks-
abfälle (Entrindungsabschläge, Fehlbrände) und Instal-
lationen (z. B. Einlassungen für Webstühle 5), Absetz-
becken, Töpferscheiben, Brennöfen). Handel und Waren-
austausch lassen sich in altorientalischen Haushalten am
deutlichsten mit Hilfe von Tonverschlüssen für Gefäße,
Säcke oder Kisten rekonstruieren (Dohmann-Pfälzner,
im Druck). Ein weiteres Indiz für Warenaustausch sind
Funde von importierten Materialien in Häusern.
Mit einem spezifischen methodischen Konzept läßt
sich ermitteln, ob die wirtschaftlichen Tätigkeiten eines
Haushaltes die temporäre oder saisonale Bewohnung
eines Hauses nötig machten, wie dies zum Beispiel bei
transhumanten, viehzüchtenden Ackerbauern der Fall
ist. Zusetzungen der Türen von Häusern mit Lehmzie-
geln können dann als Hinweis auf ein temporäres Ver-
lassen der Häuser gelten, wenn in den Räumen zur zu-
künftigen Benutzung bestimmte Gegenstände oder Vor-
räte verblieben sind (s. Kap. 5.4.). Ebenfalls auf eine
temporäre Abwesenheit der Bewohner weisen gesiegelte
Tonverschlüsse für Türen hin, die in normalen Wohn-
häusern ohne administrative Funktionen gefunden wer-
den (s. Kap. 12.3.).
Unabhängig von den prinzipiell unterschiedlichen
Wirtschaftsweisen erzeugt der jeweilige spezifische
Erfolg des Haushaltes in seinen wirtschaftlichen Akti-
vitäten eine relative Abstufung von materiellem Wohl-
stand zwischen verschiedenen Haushalten. Dieser öko-
nomische Status eines Haushaltes findet häufig in der
repräsentativen Ausstattung des Hauses seinen Nieder-
schlag.
Als Reichtumsindikatoren für Haushalte können vor
allem Luxusgüter (z. B. Edelsteine, Metalle, Fritte- oder
Glasgefäße, Alabasterbehältnisse) und Ausstattungen
der Häuser aus kostbaren oder lokal nicht verfügbaren
Materialien gelten, zum Beispiel Marmor, Stein in stein-
armen Gegenden, importiertes Bauholz, Mosaike, ge-
brannte Lehmziegel, bemalte Wände, Wandplatten oder
Wandfliesen. Diese Faktoren sind an Hand der Klein-
funde und der Architekturbefunde der Häuser, im Falle
des Bauholzes durch Holzkohleanalysen zu bestimmen.
Auch technische Anlagen (hauseigene Zisternen, Kana-
lisation, Wasserleitungen, Toiletten) sind eher in reiche-
ren Haushalten zu erwarten (Henrickson 1981), weil
- wie ethnographische Beispiele aus dem Iran zeigen -
zu ihrer Anlage meist Spezialisten notwendig sind (Kra-
mer 1982, 70).
Selbst der Lehmverputz von Mauern kann bei ge-
nauer Betrachtung und im Vergleich mehrerer Häuser
zusätzliche Hinweise auf den ökonomischen Status der
Bewohner der Häuser liefern. Je mehr Häcksel ein Ver-
putz vor allem von Außenmauern enthält, desto bestän-
diger ist er. Reichere Haushalte bzw. solche mit mehr
Ackerland besitzen in der Regel größere Mengen des
auch als Viehfutter wertvollen Strohs. Folglich kann
sich ein solcher Haushalt im allgemeinen häckselhalti-
geren Verputz leisten als ein landloser Haushalt 6).
Weitere Hinweise auf den Reichtum von Haushalten
liefern Grundstücksgrößen (Kramer 1982, 126; Tietze
1986, 56 ff.) sowie die relativen Größen von Ställen und
Speichern (Kramer 1982, 70 ff. 128). Raumgrößen und
vor allem Raumbreiten von Wohnräumen sind auf-
schlußreich, weil breitere Räume ein entsprechend län-
geres, stabileres und damit - vor allem in holzarmen Ge-
genden - teureres Bauholz für die Raumüberdeckung
benötigen. Steigende Raumlängen erhöhen die Menge
an benötigten Dachhölzern.
Die Mauerdicken und das Mauerwerksvolumen zei-
gen an, welche Mengen von Baumaterial beim Bau des
Hauses eingesetzt wurden, d. h. wieviele Lehmziegel
5) Diese konnten beispielsweise in griechischen Häusern aus klassi-
scher Zeit (5./4. Jhdt. v. Chr.) nachgewiesen werden (Hoepfner -
Schwandner 1986, 110, Abb. 53).
6) Nach eigenen Beobachtungen des Verfassers und Befragung der
Bewohner ira syrischen Dorf Bderi (1992); vgl. Kramer 1982, 137.
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Funde in einem Haus. Landwirtschaftliche Tätigkeiten
lassen sich an Hand von Geräten und Werkzeugen (z. B.
Sicheln, Sichelklingen) und an organischem Fundmate-
rial (Pflanzenarten, Wild-/Kulturpflanzen) erschließen.
Der Grad an wirtschaftlicher Selbständigkeit kommt im
Umfang der hauseigenen Speichermöglichkeiten (Menge
und Größe der Vorratsräume, Gruben, Großgefäße)
zum Ausdruck. Dies geht davon aus, daß bei nicht-selb-
ständiger Landwirtschaft und der Abhängigkeit eines
Haushaltes von Getreidezuteilungen keine größeren,
d. h. längerfristigen Speicherkapazitäten im eigenen
Haus erforderlich sind. Außerdem ist zu erwarten, daß
ländliche Haushalte, deren Mitglieder keinen eigenen
Landbesitz haben und auch keine gepachteten Felder
bewirtschaften, sondern als Erntearbeiter auf fremdem
Land arbeiten, im allgemeinen keine eigenen Ackerbau-
geräte wie Sicheln besitzen. Wenn dafür aus Mangel an
vergleichenden Untersuchungen auch keine Allgemein-
gültigkeit postuliert werden kann, finden sich im Falle
von Metallsicheln, Sensen und metallenen Dreschschlit-
ten-Einsätzen ethnographische Belege für diese Hypo-
these (Kramer 1982, 71 f.).
Die Bedeutung von Viehhaltung und/oder Jagd fiir
die Ökonomie eines Haushaltes ist an Hand von Tier-
knochenfunden (Anteile von Haus- und Wildtieren),
Pflanzenresten, die auf Tierfutter hinweisen (s. Kap.
12.4.), und baulichen Befunden (Ställe, Futtertröge) zu
erschließen. Auf handwerkliche Tätigkeiten, die im
Haus ausgeführt wurden, verweisen Gerätefunde (z. B.
Spinnwirtel, Nähnadeln, Klopfinstrumente, Tiegel, Guß-
formen, Modeln, Glättsteine), Rohmaterialien (z. B.
Töpferton, Metallrohlinge, Flintknollen), Handwerks-
abfälle (Entrindungsabschläge, Fehlbrände) und Instal-
lationen (z. B. Einlassungen für Webstühle 5), Absetz-
becken, Töpferscheiben, Brennöfen). Handel und Waren-
austausch lassen sich in altorientalischen Haushalten am
deutlichsten mit Hilfe von Tonverschlüssen für Gefäße,
Säcke oder Kisten rekonstruieren (Dohmann-Pfälzner,
im Druck). Ein weiteres Indiz für Warenaustausch sind
Funde von importierten Materialien in Häusern.
Mit einem spezifischen methodischen Konzept läßt
sich ermitteln, ob die wirtschaftlichen Tätigkeiten eines
Haushaltes die temporäre oder saisonale Bewohnung
eines Hauses nötig machten, wie dies zum Beispiel bei
transhumanten, viehzüchtenden Ackerbauern der Fall
ist. Zusetzungen der Türen von Häusern mit Lehmzie-
geln können dann als Hinweis auf ein temporäres Ver-
lassen der Häuser gelten, wenn in den Räumen zur zu-
künftigen Benutzung bestimmte Gegenstände oder Vor-
räte verblieben sind (s. Kap. 5.4.). Ebenfalls auf eine
temporäre Abwesenheit der Bewohner weisen gesiegelte
Tonverschlüsse für Türen hin, die in normalen Wohn-
häusern ohne administrative Funktionen gefunden wer-
den (s. Kap. 12.3.).
Unabhängig von den prinzipiell unterschiedlichen
Wirtschaftsweisen erzeugt der jeweilige spezifische
Erfolg des Haushaltes in seinen wirtschaftlichen Akti-
vitäten eine relative Abstufung von materiellem Wohl-
stand zwischen verschiedenen Haushalten. Dieser öko-
nomische Status eines Haushaltes findet häufig in der
repräsentativen Ausstattung des Hauses seinen Nieder-
schlag.
Als Reichtumsindikatoren für Haushalte können vor
allem Luxusgüter (z. B. Edelsteine, Metalle, Fritte- oder
Glasgefäße, Alabasterbehältnisse) und Ausstattungen
der Häuser aus kostbaren oder lokal nicht verfügbaren
Materialien gelten, zum Beispiel Marmor, Stein in stein-
armen Gegenden, importiertes Bauholz, Mosaike, ge-
brannte Lehmziegel, bemalte Wände, Wandplatten oder
Wandfliesen. Diese Faktoren sind an Hand der Klein-
funde und der Architekturbefunde der Häuser, im Falle
des Bauholzes durch Holzkohleanalysen zu bestimmen.
Auch technische Anlagen (hauseigene Zisternen, Kana-
lisation, Wasserleitungen, Toiletten) sind eher in reiche-
ren Haushalten zu erwarten (Henrickson 1981), weil
- wie ethnographische Beispiele aus dem Iran zeigen -
zu ihrer Anlage meist Spezialisten notwendig sind (Kra-
mer 1982, 70).
Selbst der Lehmverputz von Mauern kann bei ge-
nauer Betrachtung und im Vergleich mehrerer Häuser
zusätzliche Hinweise auf den ökonomischen Status der
Bewohner der Häuser liefern. Je mehr Häcksel ein Ver-
putz vor allem von Außenmauern enthält, desto bestän-
diger ist er. Reichere Haushalte bzw. solche mit mehr
Ackerland besitzen in der Regel größere Mengen des
auch als Viehfutter wertvollen Strohs. Folglich kann
sich ein solcher Haushalt im allgemeinen häckselhalti-
geren Verputz leisten als ein landloser Haushalt 6).
Weitere Hinweise auf den Reichtum von Haushalten
liefern Grundstücksgrößen (Kramer 1982, 126; Tietze
1986, 56 ff.) sowie die relativen Größen von Ställen und
Speichern (Kramer 1982, 70 ff. 128). Raumgrößen und
vor allem Raumbreiten von Wohnräumen sind auf-
schlußreich, weil breitere Räume ein entsprechend län-
geres, stabileres und damit - vor allem in holzarmen Ge-
genden - teureres Bauholz für die Raumüberdeckung
benötigen. Steigende Raumlängen erhöhen die Menge
an benötigten Dachhölzern.
Die Mauerdicken und das Mauerwerksvolumen zei-
gen an, welche Mengen von Baumaterial beim Bau des
Hauses eingesetzt wurden, d. h. wieviele Lehmziegel
5) Diese konnten beispielsweise in griechischen Häusern aus klassi-
scher Zeit (5./4. Jhdt. v. Chr.) nachgewiesen werden (Hoepfner -
Schwandner 1986, 110, Abb. 53).
6) Nach eigenen Beobachtungen des Verfassers und Befragung der
Bewohner ira syrischen Dorf Bderi (1992); vgl. Kramer 1982, 137.
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