produziert oder welche Anzahl von Steinen gebrochen
wurden. Tietze führte eine interessante, sozio-ökono-
mische Differenzierung der Wohnhäuser von Tall al-
Amarna nach Mauerwerksdicken durch, die der Prä-
misse folgt, daß ein Hauseigner seinen ökonomischen
Möglichkeiten entsprechend möglichst dicke Mauern
baute, um die Standfestigkeit seines Hauses zu erhöhen
und das Innenraumklima zu verbessern (Tietze 1985,
59 ff.).
Falls hausinterne Bestattungen vorhanden sind, kann
die Menge und Art der Beigaben im Vergleich zu Bestat-
tungen anderer Häuser ebenfalls ein Spiegel der öko-
nomischen Situation des Haushaltes sein (Henrickson
1981).
Einschränkend ist zu beachten, daß der Umfang an
Investitionen eines Haushaltes in repräsentative Objekte
oder Ausstattungen nicht immer mit dem tatsächlichen
Wohlstand des Haushaltes übereinstimmen muß. Häu-
fig wird dadurch lediglich der ideell angestrebte Wohl-
stand und das damit verbundene soziale Prestige de-
monstriert. Unbeachtet dessen setzt der Einsatz reprä-
sentativer Ausstattungsgegenstände in Häusern zumin-
dest die Mittel bzw. die Möglichkeiten des Haushaltes
zum Erwerb oder zur Aneignung der betreffenden Ge-
genstände voraus.
Vorsicht ist auch bei der Interpretation von Einzel-
stücken solcher Objekte geboten, die auf den ökonomi-
schen Status seines Besitzers hinweisen. Bei wertvollen
Einzelstücken in einem Haus kann es sich um Erbstücke
handeln, deren Wert dem sonstigen Wohlstand des
aktuellen Besitzers nicht entspricht. Außerdem ist am
ethnographischen Beispiel Aliabad belegt, daß Acker-
baugeräte, die landbesitzenden Haushalten gehören,
manchmal kurzfristig an ärmere Haushalte ausgeliehen
werden, wo sie zufällig in das archäologische Material
gelangen können (Kramer 1982, 74).
Konzept 4: Die soziale Analyse
Die soziale Analyse verfolgt das Ziel, den Haushalt als
menschliche Gruppe zu rekonstruieren. Dazu gehört die
Rekonstruktion der Familienform, eine Abschätzung
der Anzahl der Mitglieder des Haushaltes und die Frage,
ob der Haushalt möglicherweise auch außerfamiliäre
Personen beherbergte. Im allgemeinen ist dies der
schwierigste Schritt einer Haushaltsanalyse, vor allem,
wenn nicht bekannt ist, welche Familienformen und
Haushaltsarten in der betreffenden Zeit und Region
üblich waren. Deshalb sollten - falls zeitgleiches Text-
material über ein Untersuchungsgebiet bekannt ist - zu-
nächst die in Frage kommenden historischen Quellen
nach Informationen über die vorherrschenden Familien-
strukturen befragt werden.
a) Familienformen
Kulturvergleichende ethnologische Studien zeigen, daß
weltweit keine generellen Assoziationen zwischen der
Anzahl der Räume eines Hauses und der Familienstruk-
tur bestehen. Während zwar Gesellschaften mit mehr-
räumigen Häusern im allgemeinen darauf hinweisen,
daß entweder eine soziale Hierarchisierung oder erwei-
terte Familien oder beides in einer Gesellschaft beste-
hen, kann umgekehrt nicht darauf geschlossen werden,
daß erweiterte Familien immer in Mehrraumhäusern
wohnen. Sie können auch Einraumhäuser benutzen
(Whiting - Ayres 1968, 123).
Ein geographisch eingeschränkterer Blick auf die
Lehmarchitektur des Vorderen Orient zeigt, daß hier
deutliche Verbindungen zwischen der Art und Anzahl
der Räume und der Struktur der Haushalte bestehen.
Diese ethnographischen Beobachtungen liefern Anhalts-
punkte, die auch bei der Interpretation von altorien-
talischen Häusern berücksichtigt werden können, da
dieselben Bautechniken, vergleichbare Bauformen und
einheitliche naturgeographische Voraussetzungen vor-
liegen.
Verschiedene Untersuchungen im Vorderen Orient
zeigen, daß eine Kernfamilie (bestehend aus einem
Mann, einer Frau und ihren unverheirateten Kindern)
im allgemeinen einen Wohnraum benötigt. In Aliabad
(Iran), wo Häuser von Kernfamilien und von erweiter-
ten Familien zu finden sind, besitzt eineKernfamilie nor-
malerweise einen Wohnraum mit einem Herd und eine
Küche. Heiratet ein Sohn und verbleibt im selben Haus,
erhält die neue Kernfamilie einen eigenen Wohnraum
mit Herdstelle. Dazu wird entweder ein neuer Raum
angebaut oder ein bestehender umfunktioniert. Obwohl
in der Praxis bausubstanz-bezogene Probleme häufig
Einschränkungen nötig machen, entspricht im Haus
einer erweiterten Familie ideell jeder Wohnraum einer
Kernfamilie (Kramer 1982, 117). Auf Grund der Zu-
sammengehörigkeit von Wohnräumen und Herden ist
die Anzahl der letzteren in einem Haus ein (minimales)
Maß für die Anzahl an zusammen wohnenden Kern-
familien 7). Bei ungenügendem Platz kann eine Kern-
familie notfalls auch eine «Küche» innerhalb eines er-
weiterten Familienhaushaltes bewohnen, die dann die
Funktion Küche + Wohnraum erhält 8) (ebenda 119).
Anders als Wohnräume sind Nebenräume wie Ställe,
7) Im Gegensatz zu den zur Ausstattung eines Wohnraumes gehöri-
gen Herden läßt die Zahl der Kochstellen keinen proportionalen Zu-
sammenhang mit der Anzahl der Kernfamilien erkennen. Häufig
wurde nur eine Kochstelle im Haus einer erweiterten Familie angelegt
oder benutzt, um Brennmaterial zu sparen und unnötige Rauchent-
wicklung zu vermeiden (Kramer 1982, 120).
s) Zur Problematik des Begriffs «Küche» s. Kap. 4.4.
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wurden. Tietze führte eine interessante, sozio-ökono-
mische Differenzierung der Wohnhäuser von Tall al-
Amarna nach Mauerwerksdicken durch, die der Prä-
misse folgt, daß ein Hauseigner seinen ökonomischen
Möglichkeiten entsprechend möglichst dicke Mauern
baute, um die Standfestigkeit seines Hauses zu erhöhen
und das Innenraumklima zu verbessern (Tietze 1985,
59 ff.).
Falls hausinterne Bestattungen vorhanden sind, kann
die Menge und Art der Beigaben im Vergleich zu Bestat-
tungen anderer Häuser ebenfalls ein Spiegel der öko-
nomischen Situation des Haushaltes sein (Henrickson
1981).
Einschränkend ist zu beachten, daß der Umfang an
Investitionen eines Haushaltes in repräsentative Objekte
oder Ausstattungen nicht immer mit dem tatsächlichen
Wohlstand des Haushaltes übereinstimmen muß. Häu-
fig wird dadurch lediglich der ideell angestrebte Wohl-
stand und das damit verbundene soziale Prestige de-
monstriert. Unbeachtet dessen setzt der Einsatz reprä-
sentativer Ausstattungsgegenstände in Häusern zumin-
dest die Mittel bzw. die Möglichkeiten des Haushaltes
zum Erwerb oder zur Aneignung der betreffenden Ge-
genstände voraus.
Vorsicht ist auch bei der Interpretation von Einzel-
stücken solcher Objekte geboten, die auf den ökonomi-
schen Status seines Besitzers hinweisen. Bei wertvollen
Einzelstücken in einem Haus kann es sich um Erbstücke
handeln, deren Wert dem sonstigen Wohlstand des
aktuellen Besitzers nicht entspricht. Außerdem ist am
ethnographischen Beispiel Aliabad belegt, daß Acker-
baugeräte, die landbesitzenden Haushalten gehören,
manchmal kurzfristig an ärmere Haushalte ausgeliehen
werden, wo sie zufällig in das archäologische Material
gelangen können (Kramer 1982, 74).
Konzept 4: Die soziale Analyse
Die soziale Analyse verfolgt das Ziel, den Haushalt als
menschliche Gruppe zu rekonstruieren. Dazu gehört die
Rekonstruktion der Familienform, eine Abschätzung
der Anzahl der Mitglieder des Haushaltes und die Frage,
ob der Haushalt möglicherweise auch außerfamiliäre
Personen beherbergte. Im allgemeinen ist dies der
schwierigste Schritt einer Haushaltsanalyse, vor allem,
wenn nicht bekannt ist, welche Familienformen und
Haushaltsarten in der betreffenden Zeit und Region
üblich waren. Deshalb sollten - falls zeitgleiches Text-
material über ein Untersuchungsgebiet bekannt ist - zu-
nächst die in Frage kommenden historischen Quellen
nach Informationen über die vorherrschenden Familien-
strukturen befragt werden.
a) Familienformen
Kulturvergleichende ethnologische Studien zeigen, daß
weltweit keine generellen Assoziationen zwischen der
Anzahl der Räume eines Hauses und der Familienstruk-
tur bestehen. Während zwar Gesellschaften mit mehr-
räumigen Häusern im allgemeinen darauf hinweisen,
daß entweder eine soziale Hierarchisierung oder erwei-
terte Familien oder beides in einer Gesellschaft beste-
hen, kann umgekehrt nicht darauf geschlossen werden,
daß erweiterte Familien immer in Mehrraumhäusern
wohnen. Sie können auch Einraumhäuser benutzen
(Whiting - Ayres 1968, 123).
Ein geographisch eingeschränkterer Blick auf die
Lehmarchitektur des Vorderen Orient zeigt, daß hier
deutliche Verbindungen zwischen der Art und Anzahl
der Räume und der Struktur der Haushalte bestehen.
Diese ethnographischen Beobachtungen liefern Anhalts-
punkte, die auch bei der Interpretation von altorien-
talischen Häusern berücksichtigt werden können, da
dieselben Bautechniken, vergleichbare Bauformen und
einheitliche naturgeographische Voraussetzungen vor-
liegen.
Verschiedene Untersuchungen im Vorderen Orient
zeigen, daß eine Kernfamilie (bestehend aus einem
Mann, einer Frau und ihren unverheirateten Kindern)
im allgemeinen einen Wohnraum benötigt. In Aliabad
(Iran), wo Häuser von Kernfamilien und von erweiter-
ten Familien zu finden sind, besitzt eineKernfamilie nor-
malerweise einen Wohnraum mit einem Herd und eine
Küche. Heiratet ein Sohn und verbleibt im selben Haus,
erhält die neue Kernfamilie einen eigenen Wohnraum
mit Herdstelle. Dazu wird entweder ein neuer Raum
angebaut oder ein bestehender umfunktioniert. Obwohl
in der Praxis bausubstanz-bezogene Probleme häufig
Einschränkungen nötig machen, entspricht im Haus
einer erweiterten Familie ideell jeder Wohnraum einer
Kernfamilie (Kramer 1982, 117). Auf Grund der Zu-
sammengehörigkeit von Wohnräumen und Herden ist
die Anzahl der letzteren in einem Haus ein (minimales)
Maß für die Anzahl an zusammen wohnenden Kern-
familien 7). Bei ungenügendem Platz kann eine Kern-
familie notfalls auch eine «Küche» innerhalb eines er-
weiterten Familienhaushaltes bewohnen, die dann die
Funktion Küche + Wohnraum erhält 8) (ebenda 119).
Anders als Wohnräume sind Nebenräume wie Ställe,
7) Im Gegensatz zu den zur Ausstattung eines Wohnraumes gehöri-
gen Herden läßt die Zahl der Kochstellen keinen proportionalen Zu-
sammenhang mit der Anzahl der Kernfamilien erkennen. Häufig
wurde nur eine Kochstelle im Haus einer erweiterten Familie angelegt
oder benutzt, um Brennmaterial zu sparen und unnötige Rauchent-
wicklung zu vermeiden (Kramer 1982, 120).
s) Zur Problematik des Begriffs «Küche» s. Kap. 4.4.
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