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Pfälzner, Peter
Haus und Haushalt: Wohnformen des dritten Jahrtausends vor Christus in Nordmesopotamien — Mainz am Rhein, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.29472#0138

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Kapitel 11. Die Bautechniken

11.1. Die Fundamentierungen

Baugruben oder Fundamentgräben für Wohnhäuser
wurden in den meisten Siedlungen nicht festgestellt
(z. B. Tall Bderi; Tall Melebiye: Lebeau 1993, 89; Tall
Haläwa A: Meyer 1989, 44). In einigen Fällen wurden
Neubauten von Häusern auf Lehmziegelterrassen er-
richtet, die durch die Zusetzung älterer Häuser entstan-
den (Tall Bderi, Haus IV, s. u. Tabelle 29-30). Da eine
großflächige Terrassierung eines ganzes Siedlungsvier-
tels in einer seit langem bestehenden Siedlung unwahr-
scheinlich ist und auch keinen erkennbaren Nutzen dar-
stellt, sind die für die Siedlung Tall Meleblye postu-
lierten ausgedehnten Siedlungsterrassen (Lebeau 1993,
42 f.; Pl. 15; ders. 1996, 129) mit Skepsis zu betrachten
(s. Kap. 13.4.).

Bei der Anlage eines Hauses wurden die Lehmziegel-
mauern entweder direkt auf den vorhandenen Baugrund
aufgesetzt (Tall Bderi, Häuser II, III, V, VII, X, XII,)
oder an einigen Stellen leicht in den abfallenden Tall-
hang eingeschnitten (Tall Bderi, Haus VI, XIII). Auch
das Aufbauen auf vorhandenen Mauerverläufen ist fest-
zustellen. Die nördliche und die westliche Außenmauer
des Hauptraumes von Haus I sind auf den älteren, noch
anstehenden Mauerstümpfen des Hauses XI hochgezo-
gen. Eine besondere Situation wurde bei Haus IV beob-
achtet: Die Mauern des an dieser Stelle gelegenen älte-
ren Hauses VII wurden bis auf eine Höhe von 40-50 cm
über dem Fußboden abgetragen und die Räume bis auf
dieselbe Höhe mit Lehmziegeln aufgefüllt, so daß eine
kompakte Terrasse entstand, deren Begrenzung aus den
ehemaligen Außenmauern des Hauses VII besteht. Auf
dieser Bauterrasse wurden die Mauern des Hauses IV
aufgesetzt. Fundamente aus Stein oder anderen Mate-
rialien sind in Tall Bderi nicht belegt.

Die Häuser von Tall Melebiye besitzen zum überwie-
genden Teil fundamentlose oder mit Lehmziegeln funda-
mentierte Mauern und in einigen Fällen (Häuser G 1,
C 2) Mauern auf Steinfundamenten (Lebeau 1993, 89).
In Tall cAtIg verwenden die Häuser auf dem Nebenhügel
Steinfundamente aus sorgfältig zugehauenen Kalkstein-
blöcken (Fortin 1988, 165). Bei den Häusern von Tall
Abü Hafür wurden die Lehmziegelmauern ohne Stein-
fundamente errichtet (Kolinski - Lawecka 1992, 182).

In Tall Haläwa A (Schicht 3) wurden Steinfunda-
mente aus Mischmauerwerk (Kalk- und Feldsteine) als
Fundamentierung für die Lehmziegelmauern der Häuser

auf dem gewachsenen Boden verlegt (Meyer 1989, 44).
Auch die Häuser von Tall Selenkahlye wurden zum
überwiegenden Teil auf Steinfundamenten errichtet (van
Loon 1973, 146, Fig. 5; Meijer 1978, 122). In der Wie-
derbenutzungsphase V sind fast ausschließlich Steinfun-
damente nachgewiesen (van Loon 1973, 149). In Tall
Sweyhät sind Steinfundamente in den Häusern der
Areale III und IV belegt (Holland 1976, 48. 49) und in
Tall Hadldl ruhen die Lehmziegelmauern der Häuser
des 3. Jtsds. auf Steinfundamenten (Dornemann 1979,
117, fig. 3. 4; 1981-82, Abb. 27). Diese Art der Funda-
mentierung war folglich in besonderem Maß für das Ge-
biet des Mittleren Euphrat charakteristisch.

Auch in den Häusern von Tall Täya wurden grund-
sätzlich Steinfundamente verlegt. Diese sind sowohl bei
den Häusern auf der Zitadelle (Reade 1968, 241. 246),
als auch bei denen in der umwallten Stadt (ders. 1971,
94, Pl. 27a) und in der Außenstadt (ders. 1971, 97;
1973, 157, Pl. 64a-b; Farrant 1973, 180) vorhanden. In
letzteren wurden mehrere Konstruktionsweisen von
Steinfundamenten unterschieden, die zum Teil von den
Mauerbreiten abhängig sind: Einige sind aus mono-
lithen Steinplatten verlegt, andere bestehen aus einer
Ansammlung kleinerer Steine oder aus zwei Schalen ge-
rader Steine, zwischen denen Bruchsteine eingefüllt
wurden (Farrant 1973, 180). Eine auch in den Häusern
der Außenstadt belegte Besonderheit an diesem Ort sind
Scherbenlagen, die zwischen dem Steinfundament und
dem Lehmziegelaufbau als Ausgleichsschicht verlegt
wurden (ebenda 181; vgl. Reade 1973, Pl. 66b).

Das häufige Fehlen von Steinfundamenten in Orten
am Häbür ist nicht vorrangig auf geomorphologische
Unterschiede zwischen den Regionen zurückzuführen.
An den Terrassen des Häbürtals steht überall Gipsstein
an (Ergenzinger 1991, 36), an den Flanken der in das
Tal mündenden Wadis ist er meist offengelegt und direkt
zugänglich (z. B. Wädl Frätl bei Tall cAtIg). Auch in der
unmittelbaren Umgebung (2,5 km) von Tall Abü Hafür
sind reichhaltige vulkanische Steinvorkommen verfüg-
bar, die Mauern besitzen aber dennoch keine Steinfun-
damente. Die Verfügbarkeit von Stein wird auch da-
durch bestätigt, daß z. B. in den frühbronzezeitlichen
Schichten von Tall Bderi oder Tall Abü Hafür (Kolinski
- Lawecka 1992, 196) üblicherweise Steinplatten in
Gassen oder als Türschwellen verlegt wurden und in
den spätbronzezeilichen Schichten von Tall Bderi die
Mauern der Wohnhäuser auf Steinfundamenten ruhen.
Folglich scheint die jeweilige Bautradition oder der

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