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Pfälzner, Peter
Haus und Haushalt: Wohnformen des dritten Jahrtausends vor Christus in Nordmesopotamien — Mainz am Rhein, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.29472#0130

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Kapitel 10. Die Wohnhausbefunde und ihre
Datierung - Ein Überblick

Im folgenden werden die in dieser Arbeit herangezoge-
nen Befunde von Wohnhäusern des 3. Jtsds. zusammen-
fassend und nach Fundorten getrennt vorgestellt sowie
die von den Ausgräbern vorgeschlagenen Datierun-
gen 57) wiedergegeben. Dabei wird kein Anspruch auf
eine vollständige Erfassung aller Fundorte mit Resten
von Wohnhäusern im untersuchten Raum Nordmeso-
potamien erhoben. Es wurden stattdessen nur solche
Orte ausgewählt, an denen vollständig freigelegte
Grundrisse von Häusern und/oder funktional bestimm-
bare häusliche Installationen vorhanden (und publi-
ziert) sind, die für eine Auswertung mit dem Ziel einer
Haushaltsanalyse verwertbar sind. Die beiden geogra-
phischen Schwerpunkte - Häbürregion und Syrisches
Euphratknie - sind aus Gründen der Grabungs- und
Publikationssituation gewählt worden.

Die in einem annähernden Dreieck zwischen dem
Lauf des Mittleren Euphrat und dem Gabal Singär gele-
genen Fundorte (Taf. 1) werden in geographischer Rei-
henfolge abgehandelt, beginnend an der Südostspitze
des Dreiecks (Mari) über seine Nordostspitze (Tall
Leilan, Tall Täya) bis zu dessen Nordwestspitze (Tall
Selenkahlye, etc.).

MARI:

Wohnhäuser des 3. Jtsds. wurden in zwei Stadtvierteln
von Mari aufgedeckt. Südöstlich des Ninni-zaza-Tem-
pels wurde ein Wohnhausviertel ausgegraben, von des-
sen Häusern nur das wegen seinen in einer Feuerkata-
strophe rot verbrannten Mauern so genannte «Maison
Rouge» einen vollständigen und klar abgrenzbaren
Grundriß aufweist (Parrot 1955, 194-202, Fig. 5;
1967, 293, Fig. 310).

Im Bereich östlich des Istar-Tempels liegt ein weite-
res, teilweise freigelegtes Wohnviertel, dessen unteres
Niveau in das 3. Jtsd. gehört (Parrot 1936, 11-13,
Fig. 9; 1956, 48-49, Pl. IX). Auch hier ist nur ein Haus
in seinem Grundriß vollständig erkennbar, das an der
Kreuzung zweier Gassen gelegen ist. Bei den anderen
Gebäuden handelt es sich entweder um unvollständig
freigelegte Häuser oder um Teile von möglicherweise
öffentlichen Gebäuden, die um einen Pfeilerhof grup-
piert sind.

Bei den neueren Grabungen in Mari wurde ein Teil
eines Wohnhauses im chantier F ausgegraben (Weygand
1993, 36, Fig. 36-38). Diese Grabungsstelle schließt

sich unmittelbar nördlich an das von Parrot freigelegte
Häuserviertel östlich des Istar-Tempels an (vgl. Mar-
gueron et al. 1993, Plan).

Parrot (1955, 198; 1956, 49) datierte sowohl das
«Maison Rouge» als auch das ältere Niveau des Häu-
serviertels östlich des Istar-Tempels in die präsargonische,
d. h. frühdynastische Zeit. Das einer unteren Schicht der
Grabungsstelle angehörende Haus im chantier F wird in
die Akkad-Zeit gesetzt (Weygand 1993, 34 f.).

TALL MASNAQA:

Im chantier A auf der Kuppe des Hügels wurden sechs
Schichten des 3. Jtsds. (niveaux 0-5) mit Resten von
Wohnhausarchitektur freigelegt (Monchambert 1985;
1987; 1989/90). Es wurde jedoch in keinem Fall ein
zusammenhängender Grundriß erfaßt. Monchambert
(1987, 54. 57) datiert diese Schichten in die Früh-
bronzezeit II.

TALL BDERI:

Auf der Nordkuppe wurde in der Kampagne 1985 ein
Wohnhaus mit gut erhaltenen aktiven Nutzungsinven-
taren in Areal 2965 teilweise ausgegraben (Pfälzner
1986/87a; 1988a, 239 ff.; Abb. 7). Nach Ausweis der
Keramik datiert es in die späte Frühdynastisch III oder
in die frühakkadische Zeit (Kulemann - Pfälzner 1988,
259 ff.; bzw. die Früh - Gazlra Illb - Periode, Pfälzner
1997 und 1998).

In der Grabungsstelle Südhang wurde ein Siedlungs-
viertel des 3. Jtsds. von der Siedlungs-Nutzungsphase 7
bis zur Siedlungs-Nutzungsphase 25 ausgegraben (Doh-
mann 1988b, 227 ff; Pfälzner 1986/87a; 1986/87b;
1989; 1989/90, 216 ff.; 1990a). Hier konnten 14 voll-
ständig erfaßte Häuser über jeweils mehrere Nutzungs-
phasen verfolgt werden. Das an der Stadtmauer gele-
gene Haus XVII bietet mit seiner Phase 17 das älteste
Beispiel eines aktiven Nutzungsinventares am Ort. Die

57) Da die vorliegende Arbeit nicht rait Keramik und Fragen der
Chronologie befaßt ist, soll eine vergleichende Datierung der behan-
delten Architekturschichten hier nicht diskutiert werden. Deshalb
werden die von den jeweiligen Ausgräbern vorgeschlagenen Datie-
rungen übernommen. Zu Fragen der Datierung und Periodisierung
der Fundorte des 3. Jtsds. v. Chr. in Nordmesopotamien vgl. inzwi-
schen Pfälzner 1997 und 1998.

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