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Brandt, Annalena [Hrsg.]; Hefele, Franz [Hrsg.]; Lehner, Hanna [Hrsg.]; Pfisterer, Ulrich [Hrsg.]
Pantheon und Boulevard: Künstler in Porträtserien des 19. Jahrhunderts, Druckgrafik und Fotografie — Passau: Dietmar Klinger Verlag, 2021

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Essays
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Kitschen, Friederike: Künstlerbildnisse in populärwissenschaftlichen Buchserien des 19. Jahrhunderts- drei Länder, drei Funktionen, drei Traditionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70035#0101
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Friederike Kitschen

Die Betrachter der meisten Alben fanden
sowohl bis heute als authentisch einge-
stufte Bildnisse, die einer physiognomi-
schen Beschreibung und psychologisie-
renden Deutung standhielten und zur
Identifikation mit der Persönlichkeit ein-
luden, als auch echte Werke von des Meis-
ters Hand, die kunstwissenschaftlich ge-
würdigt werden konnten. Wer viele oder
gar alle Alben besaß, überblickte zudem
eine ganze Galerie bedeutender Künst-
lerbildnisse nach berühmten grafischen
Werken im neuen Medium Fotografie.
Die Qualität der Auswahl bemerkte
auch die internationale Konkurrenz. Als
der Bostoner Verlag Houghton, Osgood
& Co. 1880 eine illustrierte Neuausgabe
der zunächst unbebilderten Serie Artist-
Biographies herausgab, griff er nicht nur
kurzerhand auf Schauers von Experten
autorisierte Galerie der Künstlerbildnisse
zurück, sondern verwendete als Vorlagen
für mehrere Lichtdrucke vermutlich so-
gar die Fotografien aus den Berliner Al-
ben (Abb. 4).32
Schauers Illustrationspraxis sollte sich in vielen monografischen Serien wieder-
finden, die in den folgenden Jahrzehnten Kunstgeschichte für ein gebildetes Publikum
popularisierten und vorwiegend von Fachleuten verantwortet wurden. Dazu gehörten
Velhagen & Klasings Künstler-Monographien (vulgo ,Knackfuß-Monographien', Bie-
lefeld/Leipzig 1894-1941), Seeleys Portfolio Monographs on Artistic Subjects (London
1894-1906), George Bell & Sons The Great Masters in Painting and Sculpture (London
1899-1907), Plon-Nourrits Les Maitres de Tart (Paris 1904-1934) und Klassiker der
Kunst (1904-1937) aus der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart.33 Auch in ihren
Bänden findet man in aller Regel Künstlerbildnisse, gerne als Frontispizien. Die foto-
grafischen Vorlagen entstanden nun direkt nach den Originalen und wurden, zumeist
schwarzweiß, im Buch vermittels fotomechanischer Verfahren wie Lichtdruck und
Autotypie reproduziert. Wo immer möglich, zeigten die Abbildungen eigenhändige
Selbstporträts, deren Auswahl nicht auf Wahrscheinlichkeit' und,Glauben' beruhte,
sondern wissenschaftlichen Kriterien gehorchte und, insbesondere bei Klassiker der
Kunst, den regen Zu- und Abschreibungsdebatten der Epoche folgte.


Abb. 4: Raffael, in: Moses F. Sweetser: Raphael
- Leonardo da Vinci - Michael Angelo, Boston
1880 (Artist-Biographies), Lichtdruck, Fron-
tispiz

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