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Pinder, Wilhelm
Reden aus der Zeit — Leipzig: Verlag E. A. Semann, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.49514#0013
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sind. Der Begriff „karge Form" dagegen enthält
noch immer Resignation.
Dies gilt sicher nicht für die Gefühle der Schaf-
fenden und ihren Glauben; es gilt aber für die
Vlichrkünstler, für die Empfangenden, mit einem
gewiß häßlichen Worte: für die Abnehmer, die
jeder gültige Stil durchwegs braucht. Die unterste
Frage für einen „Stil", einen öffentlich herrschen-
den Groß-Stil, ist ja nicht, wer ihn macht, sondern,
wer ihn wünscht und was man von ihm
wünscht. Darum wird, sobald man noch gar nicht
auf die Leistung selber sieht, sondern auf das
Gefühl, das ihr bis jetzt begegnet, gesagt werden
müssen: das Vertrauen auf die Form ist zur Zeit
geringer als jenes auf die Farbe. Aber das ist
schon ein Symptom. Ich rede von dem, was man
sich verspricht, was man erwartet. Darin spiegelt
sich eine geschichtliche Lage. Diese aber ist das
Problem.
Eine Lage wie die heutige hängt durchaus
nicht nur von dem Maße an künstlerischer Be-
gabung ab, das in der Welt ist. wenn ich mich
hier skeptisch äußere, so richtet sich das noch nicht
gegen die Talente; es bedeutet noch nicht, daß
es heute notwendig eine geringere gesamtarchi-
tektonische Begabung als früher gebe. Es richtet
sich gegen die Lage. Wir müssen mit der sehr
merkwürdigen und vielleicht noch nie ganz so da-
gewesenen Möglichkeit rechnen, daß Talent und

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