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Der Pionier — Band 5.1912/​1913

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12. Heft, September 1913
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https://doi.org/10.11588/diglit.56251#0097
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Monatsbläfter für christliche Kunst, praktische Kunstfragen und kirchliches Kunsthandiverk
V. Jahrgang, 12. Heft, September 1913


Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, München. — Preis des Jahrgangs inkl. Frankozustellung M3.—

VON KÖLN ÜBER AACHEN
NACH TRIER
Von A. Blum-Erhard
(Schluss)
Das Ende der Fahrt ist Trier. Wie all die
behenden Flüsschen des Eifellandes, so
mündet auch die Eifelbahn ins Tal der Mosel.
Dieser herrliche Strom mit seinen Wald- und
Rebengeländen, seinen überraschenden Win-
dungen und malerischen Nestern würde ge-
nügen, Trier und Umgebung, was landschaft-
liche Schönheit betrifft, weit über Hunderte
von Städten hinauszuheben. Aber selbst wenn
Trier in einer Sand wüste läge, der Eindruck,
den es im Beschauer erweckt, wäre ein un-
verwischbarer. Trier hat etwas Monumentales
an sich. Wer unvorbereitet die alte Römer-
stadt betritt und durchwandert, der Anblick
jener mächtigen römischen Pforte —porta nigra
genannt um ihrer schwarzen Quadern willen —,
das Auftauchen seines gigantischen zertrüm-
merten römischen Kaiserpalastes müsste etwas
Erschütterndes für ihn haben. Dazu kommen
noch die nun völlig blossgelegten Reste des
römischen Amphitheaters und die der Thermen;
ja auch einige der gewaltigen Brückenpfeiler
lassen noch römische Struktur erkennen. Diese
greifbaren Erinnerungen an eine uns fremde
antike Welt sind es, die Trier seineneigenartigen
Reiz geben.

Es fehlen auch nicht die Monumente der
christlichen Zeit des Mittelalters: ein gross-
artiger Dombau, eine Perle der Frühgotik in
der Liebfrauenkirche, die dreischiffige
Pfeilerbasilika der ehemaligen Benediktiner-
abtei St. Matthias. Im sogenannten „Franken-
turm“ sehen wir die älteste Form des steinernen
deutschen Herrenhauses, das seinen Besitzern
Wohnung und Festung zugleich war: einen
herben, düsteren ungeschlachten Bau um iooo
nach Christus errichtet mit dem einzigen Zierat
zweier, durch zierliche romanische Säulen ge-
gliederter Doppelfenster. Auf das Gewimmel
des Marktes schaut das Zeichen des Markt-
rechtes, ein schweres romanisches Steinkreuz
auf hoher Säule, das dem Ort um die Mitte des
io. Jahrhunderts verliehen ward.
Wenn der Chronist erzählt, dass in Trier
Ende Januar 1187, oder um Weihnachten
1289 die Bäume grünten und blühten, dass an
Pfingsten 1420 bereits geerntet werden konnte,
mutet uns Nachgeborene solch ein Bericht
wundersam genug an! Doch sind auch Not-
jahre genug verzeichnet. Ungeheure Wasser-
fluten haben die Stadt verheert, sind über
ihre Mauern gestiegen. Das „grosse Sterben“,
die Pest, war ein häufiger schreckensvoller Gast.
Geissler und Veitstänzer brachten Unruhe
herein. Der köstliche Wein erfriert. Die Aus-
rottung der Hexen erfüllt mit Furcht und Ent-
setzen die Gemüter. Kriege und Teuerungen
lösen einander ab. Der „heilige Rock“, die
 
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