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Probst, Hansjörg
Seckenheim: Geschichte eines Kurpfälzer Dorfes — Mannheim, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.3000#0158
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cherofen stand bereit, das reichlich geschossene Wild haltbar zu machen, sofern es nicht
gleich für die Jagdgesellschaft zubereitet wurde. 1795 ging dieses Relaishaus in den Revo-
lutionskriegen zugrunde bis auf eine Scheune, in der seit 1809 der Förster für den Brühler
und Neckarauer Wald seinen Dienstsitz hatte [229/96394]. Um 1870 kam das Forsthaus in
private Hand und wurde eine Gartenwirtschaft; sie erhielt den Namen „Zum Stengelhof"
und bestand bis zum Ausbau des Karlsplatzes im Jahre 1960, dem sie zum Opfer fiel. Der
Name „Relaishaus" nämlich war inzwischen rund 500 m weiter nach Südosten gewandert
an das Gasthaus, das ihn heute noch trägt. Auf einer Karte von 1875 werden übrigens bei-
de Gebäude „Relaishaus" genannt. Wenn auch die Jahreszahl „1688" an diesem Haus
nicht stimmen kann, so ist heute dieses Haus zusammen mit dem Stengelhof das älteste
Haus Rheinaus; es ist über 200 Jahre alt und auch schon auf der Karte von F. Denis einge-
zeichnet. Was es einmal war, erfahren wir von Johann G. Widder, der schreibt: „Diesem
Beispiele (von Stengels) hat ein sicherer (gewisser) Kißler gefolgt und auch eine Wohnstät-
te mit Zugehörung alda aufgerichtet" [Widder, I, S. 214/215]. Im Seckenheimer Grund-
buch von 1771 wird der Besitzer „Joseph Kießel zu Mannheim" [StA Ma k. 97] genannt
und festgehalten, daß dieser „das Gebäude in dem Sand neben der Mannheimer-Schwet-
zinger Chaussee" besitze. Neben dem Hof Kießels gab es seit 1740 das „Backhaus" oder
den „Backhof", der wie der linksrheinische Riedhof für den zur Aufsicht über den herr-
schaftlichen „Backofen" bestellten Schützen bestimmt war [229/96434]. Wo dieses
Gebäude gestanden hat, kann heute nicht mehr ausgemacht werden.
Das wichtigste Anwesen auf dem „Sand" war aber seit 1774 ohne Zweifel der „Stengel-
hof", der über hundert Jahre lang dem ganzen Bereich seinen Namen gegeben hat. Die
Wirtschafts- und Wohngebäude dieses Gutshofes wurden 1774 aufgeführt, nachdem der
Freiherr Johann Georg von Stengel bereits vor 1765 in Seckenheim Grundbesitz erworben
und 1767/68 dort einen vornehmen Landsitz erbaut hatte [F1N 152]. Der agrarfreundli-
chen physiokratischen Wirtschaftstheorie seiner Zeit folgend, war er darauf aus, weiteren
Grundbesitz zu erwerben. Schon 1768 hatte er ein Auge auf Gelände im „Sand" geworfen,
das zum Pfarrwiddum gehörte: In diesem Jahre kaufte er 20 Morgen Pfarräcker auf dem
Sand, von denen 10 Morgen in der Nähe des Relaishauses angebaut waren und 10 Morgen
auf dem „Sandbuckel" (Pfingstberg) brach lagen. Diese waren noch 50 Jahre zuvor unter

31 Arbeiterhäuser in der Zwischenstraße

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