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Probst, Hansjörg
Neckarau (Band 1): Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert — Mannheim, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.3002#0075
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gung und mithin Verdienst gegeben werde, da durch die Ausweisung der Neckarauer
Arbeiter aus den Geschäften zu Mannheim viele arbeits- und mithin brotlos würden".
Im Frühjahr sei ohnehin Mangel an Verdienstmöglichkeiten. Die Ausstockung
wurde so geplant, daß das Holz abgehauen und das Gelände in Lose aufgeteilt
wurde. Die Ackeranlagen im einzelnen wird dem betreffenden Bürger überlassen,
der das Los empfing. Der Erlös sollte in die Gemeindekasse fließen. Sollte sich der
Anbau nicht als vorteilhaft erweisen, so sollte man das Gelände erneut mit besserem
Holz anpflanzen. Damit wurde dieser Teil des Neckarauer Waldes zum Rottfeld.
Die Verkleinerung des Waldes um über 200 Morgen hatte zur Folge, daß das Gab-
holz, das jeder Ortsbürger als jährlichen Bürgernutzen aus dem Wald beziehen
konnte, weniger wurde. Deshalb erhielt jeder gabholzberechtigte Bürger eine dem
Minderertrag entsprechende Geldentschädigung von jährlich 1,5 fl aus der Gemein-
dekasse. 1866 beschloß die Gemeinde, 128 Morgen des ausgestockten Rottfeldes
unter die Gabholzberechtigten als Allmendnutzen zu verteilen.
Im selben Jahr beschwerte sich Neckarau beim badischen Landtag über die rück-
sichtslose Anwendung des Forstgesetzes durch die Rheinbauinspektion Mannheim,
welche aus dem Gemeindewald in den Jahren 1858 bis 64 nicht weniger als 17 500
Stück Ordonanz-Faschinen, 38 500 Stück Halbfaschinen und 21 Klafter Pfahlholz
verlangte, was von der Bezirksförsterei Ladenburg genehmigt wurde. Im Jahr 1865
wurden weitere 40 000 Halbfaschinen angefordert, was der Neckarauer Gemeinde-
behörde erneut Veranlassung gab, sich beim Landtag zu beschweren und um die Be-
freiung vom Paragraphen 94 des Forstgesetzes nachzusuchen. Dieses ruiniere den
Gemeindewald, so daß kein Gabholz mehr an die Bürger abgegeben werden könne.
In der Petition heißt es im einzelnen: „Die Gemeinde besitzt nur 239 Morgen Wald
und ist in zehn Schläge eingeteilt, so daß alle Jahre ein anderer Schlag zum Durchfor-
sten kommt. Dieser zehnjährige Abholzturnus beruht auf richtigen forstwirtschaftli-
chen Grundsätzen und liefert dem Waldeigentümer den höchsten Ertrag, ohne die
Triebkraft des Holzes abzuschwächen. Leider kann aber in unserem Gemeindewald
dieser Abholzungsturnus nicht eingehalten werden, denn der Bedarf der Flußbaube-
hörde an Faschinen ist ein so großer, daß, um demselben zu genügen, oft in einem
Jahre mehrere Schläge zur Faschinennutzung in Anspruch genommen werden, deren
Holz nur drei Jahre alt war. Wo solche Dinge geschehen dürfen unter den Augen des
Gesetzes, da kann natürlich von einer forstmäßigen geordneten Bewirtschaftung des
Waldes keine Rede sein. "80

Die gabholzberechtigten Bürger von Neckarau hatten damals Anspruch auf einen
Gabholznutzen, der nach einem alten Herkommen mit 25 Stück Gabwellen abgegol-
ten wurde. Diese Wellen boten dem Bürger nur das Allernotwendigste an Brennma-
terial. In den Jahren, in denen Faschinenholz eingefordert wurde, erhielten die gab-
holzberechtigten Bürger eine kleine Geldsumme. Diese war aber kein Ersatz für den
Verlust des Naturalbezugs. Die Gemeinde drang auf den Naturalbezug, weil häufig
die Gabholzberechtigten das erhaltene Geld der eigentlichen Bestimmung entzo-
gen. Leichtfertige Familienoberhäupter vertranken das Geld, während die Familie
zu Hause Frost und Kälte leiden mußte.

Nach 1870 gewann die Stadt Mannheim, die ja nicht über einen Wald verfügte, gro-
ßes Interesse am Neckarauer Wald als Erholungsgebiet für ihre Bewohner. Die
Stadt Mannheim wandte sich einige Male an die Gemeinde Neckarau mit der Bitte,
im Wald Spazierwege anzulegen und Bänke aufzustellen. Die Neckarauer aber hat-
ten an Spaziergängern aus Mannheim kein Interesse, gestatteten aber der Stadt
Mannheim, Bänke auf eigene Kosten aufzustellen. Bei den Eingemeindungsver-
handlungen in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts war es auch der Neckar-
auer Wald, der den Mannheimern am Herzen lag. Bald nach der Eingemeindung
wurden großzügige Pläne für die Umwandlung des Waldes in eine Parkanlage mit

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