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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 3.1895

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuersachen (Nr. 1 - 56)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62233#0209
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der Berechnung des Reineinkommens aus Grundvermögen
Ausgaben für Arzt und Apotheker zu demjenigen Theile, der
auf das Wirthſchaftsperſonal entfallen war, abſetzen zu dürfen.
Der Abzug dieſer Ausgabe wurde von der Berufungskommiſſion
mit der Begründung, er wäre ungeſetzlich, verſagt, wogegen
das Oberverwaltungsgericht der Beſchwerde in dieſem Punkte
ſtatt gab. Im Uebrigen unterlag der Beſchwerdeführer auch
in der Beſchwerdeinſtanz. Hierauf beziehen ſich folgende Aus-
führungen in den
Gründen:

Die Beſchwerde erſcheint inſoweit gerechtfertigt, als ſie
das Verlangen aufrecht erhält, den für das Wirthſchaftsperſonal
aufgewendeten Betrag abgeſetzt zu ſehen. Das vermeintlich
dieſem Antrage entgegenſtehende Geſetz iſt in dem Berufungs-
beſcheide nicht angegeben. Ob und unter welchen Umſtänden
dem ländlichen Geſinde ein vor den ordentlichen Gerichten
verfolgbarer Anſpruch auf unentgeltliche Gewährung von ärzt-
licher Hülfe und Arznei zuſteht, mag unerörtert bleiben. Der
Pflichtige verſichert glaubhaft, es entſpreche der örtlichen
Gewohnheit und Sitte, daß der Gutsherr für ſein Arbeits-
perſonal, ohne dieſem das anzurechnen, in Bedarfsfällen den
Arzt herbeiholen und die erforderlichen Arzneien verabfolgen
läßt. War letzteres aber — und zwar nach Lage der Sache
ſchon im Berufungsverfahren — für feſtſtehend zu erachten,
ſo entſpricht es dem vorwiegend von wirthſchaftlichen Geſichts-
punkten beherrſchten Geiſte des Einkommenſteuergeſetzes vom
24. Juni 1891, derartige Aufwendungen den Wirthſchafts-
unkoſten beizuzählen etwa von denſelben Grundſätzen aus,
unter denen Gratifikationen und nach beſtehendem Brauch
wiederkehrende Geſchenke die Natur des Einkommens auf der
einen und abzugsfähiger Ausgaben auf der anderen Seite
annehmen können.

Die Verſagung des Abzuges der fraglichen 169,95 M
ſetzt ſich in Widerſpruch mit dem beſtehenden Rechte. Da die
Berufungskommiſſion auf dem von ihr eingeſchlagenen Wege
zu 7083 Mc., alſo zu einem Einkommen gelangt iſt, das die

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