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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 7.1899

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen (Nr. 1 - 81)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62230#0364
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— 324 —

keinen Gewinn der Geſellſchaft, wodurch der Ueberſchuß vergrößert
oder der Verluſt gemindert würde, dar und iſt daher nicht ge-
eignet, den im §. 16 des Einkommenſteuergeſetzes verlangten
Thatbeſtand der „Ueberſchüſſe“ zu erfüllen.

Hieraus folgt, daß es nicht darauf ankommt, wie eine Ge-
ſellſchaft den durch Reduktion des Aktienkapitals erlangten buch-
mäßigen Vortheil verwendet, ob ſolche Verwendungen ſtattfinden,
welche, falls ſie aus den Ueberſchüſſen erfolgen, nach S. 16 des
Einkommenſteuergeſetzes die Steuerpflicht herbeiführen würden.
Jede Unterſuchung in dieſer Richtung iſt zwecklos. Auch dann
zum Beiſpiel, wenn die Geſellſchaft aus den durch die Kapitals-
reduktion verfügbar gewordenen Beträgen eine Reſervefonds-
bildung vornimmt, iſt die Steuerpflicht der dazu verwendeten
Summe nicht begründet; deshalb nämlich nicht, weil dieſelbe
nicht aus den Ueberſchüſſen entnommen iſt.

In Anwendung dieſer Grundſätze auf den vorliegenden Fall
kann die Frage, ob die Geſellſchaft den Anſatz ihrer Grundſtücke
in der Bilanz unter dem wirklichen Werthe derſelben vorge-
nommen hat oder nicht, auf ſich beruhen. Soweit nämlich die
Mittel für die Minderbewerthung der Grundſtücke aus der Re-
duktion des Aktienkapitals entnommen ſind, ſtammen ſie nicht
aus den Ueberſchüſſen, und könnte daher ſelbſt durch die Feſt-
ſtellung, daß der Werthanſatz zu niedrig ſei, ein dem S. 16 des
Einkommenſteuergeſetzes entſprechender Thatbeſtand nicht herge-
ſtellt werden. Durch die in Folge Reduktion des Aktienkapitals
zu anderweiter Verfügung frei gewordenen 642 600 M. aber
wird das ganze von der Berufungskommiſſion für 1894 gefun-
dene Steuerobjekt abſorbirt. Somit entfällt die Möglichkeit, aus
dem Durchſchnitt der Jahre 1892, 1893 und 1894 ein ſteuer-
bares Einkommen feſtzuſtellen.

Aus dieſen Erwägungen iſt die Entſcheidung der Berufungs-
kommiſſion wegen Verletzung des S. 16 des Einkommenſteuer-
geſetzes aufzuheben, S. 44 Nr. 1 des Einkommenſteuergeſetzes,
und bei der damit dem Oberverwaltungsgerichte eröffneten freien
Beurtheilung die Beſchwerdeführerin nach ihrem Antrage von der
Beſteuerung freizuſtellen.
 
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