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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0191
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VII. Bischofsabsetzungen bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts

„Doppelbesetzung" und den Fall Hugo/Artold auch sehr differenziert in seiner
Geschichte des Reimser Erzbistums, die er um 950 verfasste.
Der von Flodoard geschilderte Fall ist auf den ersten Blick nicht gleichgelagert
wie der Absetzungsprozess gegen Ebo, wo der Bischof unter Anklage wegen
Fehlverhaltens stand. In Reims herrschte vielmehr Konkurrenz zwischen zwei
Anwärtern, die sich in der Konkurrenz in der Adelswelt widerspiegelte. Doch bei
näherem Hinsehen zeigt sich eine deutliche Parallele: in beiden Fällen ging es um
die Bischofsweihe und die Problematik rund um den Charakter von Weihen, die
bei Bischofsabsetzungen zu Tage trat781. Doch zunächst zum politischen Konflikt
als Hintergrund: Wechselnde Koalitionen und ein ständiges Hin-und Her
kennzeichnen die Zeit von 925 bis 948. Auch Flodoard selbst wechselte die Sei-
ten, fand sich mal in Hugos mal in Artolds Lager, in dessen Gefolge er sich auch
am Ende des Konflikts befand.
Ausgangspunkt des Konfliktes war die Wahl des minderjährigen Hugo zum
Reimser Erzbischof auf Betreiben seines Vaters Heribert II. von Vermandois 925
nach dem Tod des Erzbischofs Seulf782. Der Kleriker Flodoard war der Wahl
ferngeblieben und berichtet in der Historia, dass er deswegen Repressalien durch
Heribert II. zu erdulden hatte, der ihm iniuste die Pfründe entzog783. Zu 928
vermerkt er in seinen Annalen und darauf aufbauend in der Historia, dass
Odalrich von Aix-en-Provence, der wegen der Verfolgungen durch die Saraze-
nen von seinem Bischofssitz zurückgetreten war, von Graf Heribert in die Kirche
von Reims geholt wurde, um das bischöfliche Amt im Namen Hugos, des Sohns
des Grafen, der noch ein Kind war, auszuführen (ad celebrandum episcopale
dumtaxat ministerium vice Hugonis)784. Das, was Hugo innehat ist also ein Amt, das
er aber zur Zeit aufgrund seines Alters noch nicht ausüben kann und und das
daher in Vertretung ausgeführt wird — vor Odalrich hatte diese Aufgabe Abbo
von Soissons ausgeübt.
Die Wahl Artolds 931 war vor allem eine Reaktion König Rudolfs auf das
Auseinanderbrechen des Bündnisses zwischen Heribert Vermandois und Hugo
Magnus785. Auf Veranlassung Rudolfs wählten die in der Reimser Bischofskirche
versammelten mit Beteiligung einiger Bischöfe aus der Francia und aus Burgund
Artold, einen Mönch aus dem Kloster Saint Remi, zum Erzbischof786. Im dar-
auffolgenden Jahr erhielt Artold das Pallium von Johannes X. und weihte in
Folge mehrere Bischöfe. Auch Hugo hatte während seiner späteren Amtsaus-
übung Bischöfe geweiht, was nach seiner endgültigen Absetzung zum Problem
werden sollte.

781 S. dazu unten.

782 Vgl. Sot, Seulf.

783 Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae IV, c. 20, 412.

784 Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae IV, c. 22, S. 414, 1-6.

785 Zu dem Scheitern des Bündnisses und der Erhebung Artolds Flodoard, Annalen ad. a. 931, ed.
Lauer, S. 49-52.

786 Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae IV, c. 24.
 
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