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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0207
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206

VII. Bischofsabsetzungen bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts

6. Die Pseudoepiscopi: Die Weihen Hugos bei Flodoard
und Richer
Das ministerium ausüben heißt weihen. Daher bekräftigt Artold in seiner Ver-
teidigungsschrift auch, dass er Bischöfe geweiht hat, dies ist für ihn ein Zeichen
seiner rechten Amtsausübung — allerdings tat dies Hugo auch und Flodoard
verzeichnete die Weihen Hugos ebenfalls. Wegen der grundlegenden Bedeutung
für das Amtsverständnis ist es entscheidend, dass die Weihen, die ein Bischof
nach einer Absetzung gespendet hat, für ungültig erklärt werden — andernfalls
steht die gesamte Absetzung zur Disposition. Das Ausmaß solcher Diskussionen
lässt sich besonders gut anhand des Ebo-Falls erkennen. Die Kleriker, die Ebo
nach seiner Wiedereinsetzung 841 weihte, kämpften über 20 Jahre um die An-
erkennung. Ihnen stand Hinkmar von Reims gegenüber, der keine Rehabilitie-
rung, sondern höchstens einen „Gnadenerlass" gewähren wollte, da es für ihn
ums Prinzip ging: Ein unwürdiger Bischof kann nicht weihen und eine von
einem Konzil ausgesprochene Exkommunikation nicht zurückgenommen wer-
den, da damit das Kerngeschäft der Bischöfe, die Besserung aller Menschen und
des Verhältnisses zu Gott durch Beichte, Buße, Exkommunikation und Rekon-
ziliation, in Frage gestellt würde. Die Ebo-Kleriker sorgten für eine der großen
politischen Diskussionen des 9. Jahrhunderts.
Im Bistumsstreit Mitte des 10. Jahrhunderts waren ebenfalls das Papsttum,
Königtum, die Großen und die geistlichen Amtsbrüder an der Diskussion um die
Gültigkeit von Weihen beteiligt, es sind aber keine umfangreichen Gutachten,
Streitschriften und Dossiers überliefert849.
Hugo von Vermandois selbst wird in den Gesta synodalia zu Ingelheim im c.
II pseudosepiscopus genannt850. Flodoard dagegen nennt Hugo an keiner Stelle so,
sondern bezeichnet mit dem Begriff nur Tetbald von Amiens und Ivo von Senlis,
die beiden Bischöfe, die Hugo erst nach der Einsetzung Artolds weihte: duo
pseudoepiscopi ab Hugone dampnato ordinati851. Tetbald war nach der Absetzung
Hugos und Ivos sogar nach der Synode in Ingelheim eingesetzt worden — beide
Weihen verzeichnet Flodoard in seiner Kirchengeschichte.
Die Exkommunikationen der sogenannten pseudoepsicopi wurden auf der
Synode von Trier 948 von Liudolf, dem Kaplan Ottos des Großen veranlasst852.
Flodoard widmet in seiner Kirchengeschichte der Synode von Trier ein eigenes
Kapitel. Der Abschnitt ist komplett aus seinen Annalen ad. a. 948 entnommen. Er

849 Vgl. hingegen die umfangreiche Textproduktion Hinkmars von Reims in Vorbereitung auf die
Synoden von Soissons 853 und Troyes 867, s. dazu das Kapitel zu Ebo von Reims.

850 MGH Cone. VI,1, S. 160.

851 Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae IV, c. 37, S. 438,6 und 438, 12. Der Begrifffa/sus episcopus ist
offenbar weder Hinkmar noch Flodoard bekannt, ebenso wenig verwendet einer der beiden
traditor. Aber proditor ist Flodoard geläufig. Arnulf von Reims wird bei Richer als desertor be-
zeichnet.

852 Also nicht auf einer Provinzialsynode, nicht durch den nachfolgenden Metropoliten, aber auch
nicht durch den Papst.
 
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