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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0208
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6. Die Pseudoepiscopi: Die Weihen Hugos bei Flodoard und Richer

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erwähnt neben den in Trier bestätigten Exkommunikationen des Erzbischofs
Hugos und des Herzogs Hugo auch die Auflage an Hildegar von Beauvais, den
Meinungsführer der Opposition gegen Artold. Er soll sich nach Rom vor den
päpstlichen Legaten Marinus oder vor den Papst selbst begeben wegen der un-
rechtmäßigen Weihen, an denen er beteiligt war. Flodoard behält den Stil seiner
Annalen bei und beschließt das Kapitel mit der kurzen annalistischen Erwäh-
nung der Geburt Ludwigs, des Sohn Ludwigs IV.
Der in der Sache laut Jacobsen erkennbare Unterschied zwischen der Kir-
chengeschichte und den Annalen ist die Zurückhaltung in Wertungen bezüglich
der Rechtmäßigkeit Artolds. Flodoard wahrt in der Kirchengeschichte eine
neutrale Haltung gegenüber Artold und Hugo (indem er beide episcopus nennt),
für ihn ist im Rückblick Hugo bis 948 rechtmäßiger Bischof853. In den Synodal-
akten vermerkt er zu Hugo in der Schilderung der causa in Ingelheim jedoch
illicite substitutum.
Auch Richer behandelt die pseudoepiscopi. Die Verurteilung der pseudoepiscopi
Tetbald von Amiens und Ivo von Senlis gestaltet er ganz nach Flodoards Vor-
bild854. Hildegar von Beauvais, der zu den Reimser Suffraganen gehörte, die beim
Papst für die Absetzung Artolds eingetreten waren, wird bei Richer aufgerufen,
sich wegen seiner Missetat zum Legaten Marinus und der Bischofsversammlung
oder nach Rom vor den Papst zu begeben und um Begleichung zu bitten. Die
Diskussion rund um die pseudoepiscopi zeigt das Problem, das bei solchen
schismatischen Weihen auftritt: Anders als bei Gegenkönigen können bei Bi-
schöfen keine Schlachten entscheiden, sondern es muss eine andere Form der
Entscheidungsfindung angewandt werden. Die pseudoepiscopi müssen von
Synoden erkannt und an einer weiteren Ausübung ihres Amtes gehindert wer-
den, da sie das Seelenheil aller dadurch gefährden. Jedoch muss eine konziliare
Entscheidung auch eindeutig sein. Dass diese rechtlichen Entscheidungen nicht
eins zu eins in der Deutung durch die Geschichtsschreibung übernommen
wurden, sehen wir an Flodoards Behandlung Hugos von Vermandois, den er nie
mit dem Attribut pseudoepiscopus bezeichnete.
Auf synodaler Ebene jedoch waren die Entscheidungen von Ingelheim und
Trier bindend. Eine von Herzog Hugo Capet angestrebte Rehabilitierung und
Restituierung Hugos nach Artolds Tod855 wurde von einer Bischofsversammlung
verweigert mit dem Hinweis darauf, dass ein von der Mehrzahl der Bischöfe
Exkommunizierter nicht von so Wenigen absolutiert werden könne, sondern in
der Sache der Papst befragt werden müsse. Hugos Ansinnen wurde schließlich
vom Papst Johannes XII. abgelehnt.

853 Zur Haltung Flodoards in dieser Sache vgl. ausführlich Jacobsen, Flodoard, S. 31-45.

854 Richer, Historiae II, c. 82, S. 158-60.

855 Flodoard, Annalen ad. a. 962, ed. Lauer, S. 151:suo (Hugo Capet) petitus est ab eo (von Lothar I.), ut
prefato Hugoni Remensem restituat episcopatum. Hugo sei nicht aufgrund seiner Missetaten, son-
dern aufgrund der Missgunst König Rudolfs gegen Artold unterlegen gewesen. Daher bestehe
Hugo darauf, dass dieser zurückkehre. Der König ordnete an, eine Synode darüber entscheiden
zu lassen.
 
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