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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0212
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VIII. Wissensaufbereitung und
Deutungskämpfe: Arnulf von Reims
1. Hintergrund und Ablauf der Absetzung Arnulfs von Reims
Arnulf von Reims, der sich in St. Basie als Angeklagter vor Hugo Capet wied-
erfand, war ein unehelicher Sohn Lothars I. von Westfranken und Neffe
verli Karls von Niederlothringens. König Hugo Capet hatte ihn im Frühjahr 989
zum Erzbischof erhoben861. Bei seiner Einsetzung schwor Arnulf Hugo Capet
einen Treueid. Der König hatte diesen Eid gefordert. Arnulf leistete diesen Eid,
der in Form eines Chirographs festgehalten wurde. Arnulf wollte sich zudem
noch einer Selbstverfluchung, die ihn im Falle eines Eidbruchs treffen sollte,
unterwerfen. Sie ist auch schriftlich festgehalten worden862.
Arnulfs Erhebung fiel in eine Zeit politischer Turbulenzen nach der Erhe-
bung Hugo Capets 987863. Der Kapetinger hatte große Schwierigkeiten, seine
Thronansprüche gegen den letzten Karolinger, Karl von Niederlothringen, einen
Bruder König Lothars I. von Westfranken, durchzusetzen. In der Francia brachen
bürgerkriegsähnliche Kämpfe aus und in einigen Teilen des Westfrankenreiches,
besonders im Süden, wurde die Herrschaft Hugo Capets zunächst nicht aner-
kannt und geistliche Institutionen datierten nach Herrscherjahren Karls von
Niederlothringen864. Wahrscheinlich suchte Hugo eine Annäherung an das ka-
rolingische Lager. Die Ansprüche Karls von Niederlothringen als letzten karo-
lingischen Thronanwärter waren mit der Erhebung Hugo Capets im Jahr 987
keinesfalls erloschen. Die Machtübernahme der Kapetinger war mit der Thron-
setzung und Weihe Hugo Capets noch lange nicht abgeschlossen, die Anhänger
der Karolinger nicht im Konsens mit dem neuen König vereint und bürger-

861 Richer, Historiae IV, c. 25, S. 248, vgl. zur umstrittenen Datierung ebd. Anm. 4. Arnulf wurde
entweder im März oder im April 989 zum Erzbischof erhoben.

862 Ita tarnen ut secundum prudentium ordinationem, sacramenti auctoritate mihi conexus sit, Richer,
Historiae IV, c. 28, S. 250, 21-22 und der Wortlaut des Chirographs ebd.IV, 29, S. 250, 24-251,4:Et
ut penitus mentis conceptum aperiam, post iurationis sacramentum, cirographum ab eo scribendum puto.
In quo maledictionis anathema habeatur huiusmodi quod ei imprecetur pro felicibus contumeliosa, pro
salutaribus pernitiosa , pro honestis turpia, pro diuturnitate punctum,pro honore contemptum, et ut
totum concludatur, pro omnibus bonis omnia mala. Quod etiam bipertitumfieri placet. Alterum mihi, sibi
alterum concedatur. Quandoque etiam hoc illi calumnias ingeret, si turpiter a fide declinet. Zur
Selbstverfluchung Arnulfs ebd. IV, 30, S. 251,10-13: Quod cum regi penitus sufficeret, episcopis
tarnen ut a fertur a non satis id visum est, nisi illud etiam adderetur, ut in missarum celebratione
eukaristiam sacerdote sumeret, eamque perditionis causam sibi inprecando coram optaret, si fidem vio-
lando umquam desertor fieret. Quod etfactum fuit. Spätere Zitierung des Wortlauts bei Richer, IV, 60,
S. 273, s. auch Akten von St. Basie MGH Cone. VI, 2, c. 8, S. 399.

863 Vgl. zu der Chronologie der Ereignisse Lot, Hugues und Ders., Derniers Caroligniens.

864 Vgl. Landes, L'accession.
 
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