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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0342
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4. Vergleich mit Ostfranken

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Herod wurde nun aber nicht von bischöflichen Amtsbrüdern gerügt, son-
dern von Papst Johannes XIII. und der Synode von Ravenna 967 verurteilt1429, die
feststellte, Herod sei zu Recht geblendet worden und dürfe sein priesterliches
Amt nicht weiter ausüben. Vorgeworfen wurde ihm Verschleuderung von
Kirchengut und Verteilung der Kirchenschätze an die Heiden1430. Hier ist sicher
im Sinne Ottos I. geurteilt worden1431.
Vergleichbare Diskussionen fehlen im Falle der Blendung Hinkmars von
Laon vollkommen. Sie stellte offenbar ein so großes Problem dar, dass sie der
sonst so mitteilsame Hinkmar von Reims komplett verschweigt. Das verwun-
dert, wenn man nach Bührer-Thierry davon ausgeht, dass Karl der Kahle hier
sein königliches Gewaltmonopol in einer kontrollierten und allgemein ideolo-
gisch anerkannten Art und Weise ausgeübt haben soll1432.
Arnulf von Reims wurde 991 nicht geblendet. Die Bischöfe erkannten aber
das gesamte Verfahren über (und somit grundsätzlich), das Recht des Königs an,
Arnulf an Leib und Leben zu strafen. Erzbischof Seguin von Sens sprach die
Problematik, ob ein Bischof weltlichem oder geistlichem Recht — oder beiden —
unterliegt oder ob seine Würde ihn vor Strafe an Leib und Leben schützt, zu
Beginn der Verhandlung an1433. Erst gegen Ende der Verhandlung bringen die
Synodalen Arnulf dazu, um sein Leben zu bitten und schließen sich mit einem
Kniefall des Erzbischofs von Bourges dieser Bitte an. Die Könige versprechen
daraufhin, dass Arnulf weder ferrum, noch vincula fürchten müsse1434. Nichts-
destotrotz zeigt der Fall Hinkmars von Laon, dass es zumindest im 9. Jahrhun-
dert verschiedene Auffassungen vom Verhältnis des bischöflichen und königli-
chen ministeriums geben konnte. Sie zeigen sich nicht nur bei der Frage der
königlichen Souveränität in Bezug auf Kirchengut, sondern auch beim Umgang
mit einem rebellischen Bischof. Hinkmar von Reims verschweigt die Blendung,
die königliche Gewalt wird von ihm nicht als gerechte Strafe präsentiert.

4. Vergleich mit Ostfranken
Die Art und Weise, wie mit einem Bischof umgegangen wurde, der ein wie auch
immer geartetes Fehlverhalten begangen hat, zeichnet den westfränkischen Be-

1429 Die Synode wurde von Otto I. und Papst Johannes XIII. zusammen abgehalten, es wurde auch
die Einrichtung des Erzbistums Magdeburg beschlossen. Edition in: MGH Cone. VI,2, S. 261-
278, Veurteilung Herods und Bestätigung Friedrichs S. 275-278.

1430 Gemeint war offenbar eine Kooperation zwischen Herod und den Ungarn, die in dieser Zeit in
Bayern einfielen. Die Ungarn profitierten von der unsicheren politischen Lage in Bayern zwi-
schen 953-955.

1431 Das vermutet jedenfalls auch Bührer-Thierry, Eveques et pouvoirs, S. 204.

1432 Vgl. Bührer-Thierry, Just Anger, S. 79 ff; ebd. S. 83 ff.

1433 MGH Cone. VI, 2, c. 3, S. 396; vgl. auch ebd. c. 6 den Ausdruck der Hoffnung auf Erhörung
bischöflicher Bitte um Gnade.

1434 MGH Cone. VI, 2, c, 53, S. 448. Vgl. auch Jegou, L'Eveque, S. 421 ff. zum Konzil als privilegiertem
Gebiet der Versöhnung im Fall Arnulfs von Reims.
 
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