Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0222
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
4. Besonderheiten der Synode: Die Suche nach dem richtigen Verfahren für eine Absetzung 221

gebrochen925. Arnulf wird auch als pervasor seiner Bischofsstadt angeklagt. Im
Sinne des römischen Rechts wird in den Prozessakten der Begriff des crimen
maiestatis gebraucht.
Diesen Vergehen Arnulfs begegnet Gerbert — und mit ihm die in St. Basie
beteiligte Gemeinschaft der Bischöfe — mit einem elaborierten ideologischen
Arsenal, das auf eine Aktivierung der karolingischen Wissensbestände zurück-
geht, deren Vermittlung über das Reimser Archiv erfolgte.
In Fortführung der Ergebnisse von Jegou zur Bedeutung der bischöflichen
Amtsvorstellungen sollte daher eine Beurteilung von St. Basie in Zukunft nicht
mehr nur auf Basis des Handelns einzelner Personen, denen ein perfider Plan
unterstellt wird, erfolgen.
Es werden daher hier zunächst die Praktiken der Wissensaktivierung und
der Inszenierungen, die in St. Basie zur Anwendung kamen, vorgestellt und
danach wird auf die Versuche, die Deutungshoheit über die Ereignisse zu er-
langen, eingegangen. In St. Basie wurde gezielt Wissen eingesetzt, um eine
„richtiges" Verfahren zu finden. Dieser Prozess soll hier nachvollzogen werden.
Ein besonderes Augenmerk wird auf Gerberts Argumentation gerichtet, mit der
er seine neue Stellung als Nachfolger Arnulfs auf dem Reimser Erzstuhl vertei-
digt hat. Die Frage, warum Gerbert sich nicht als Erzbischof in Reims halten
konnte, wird unabhängig von dem Aspekt seiner Arbeitsweise und Wissens-
produktion zum Abschluss gestellt. Ein besonderer Fokus soll auch hier auf die
Rolle der Schriftstücke in ihrer Medialität und ihre Verwendung in der Öffent-
lichkeit gelegt werden, die besonders bei Eid, Selbstverfluchung und Abdan-
kung zum Tragen kommt.
Es geht um den Umgang mit Wissen, das in Archiven ist. Die Frage nach den
Charaktereigenschaften Gerberts wird von mir nicht verfolgt, sondern die Frage
danach, welche Praktiken der Wissensaktivierung Gerbert wählte und welche
Wissensbestände dafür herangezogen wurden.
4. Besonderheiten der Synode: Die Suche nach dem
richtigen Verfahren für eine Absetzung (Textproduktion,
Schriftlichkeit, Rituale)
4.1. Rituale
Nachdem oben bereits der Ablauf der Synode und die Vorwürfe gegen Arnulf
untersucht worden sind, soll hier auf die Besonderheiten der Synode und die
Verfahrensfragen detaillierter eingegangen werden, um die Suche nach einem
Verfahren, die Durchführung und Deutung zu analysieren.

925 Dazu ausführlich unten. Eine rein lehnsrechtliche Deutung, die sich vor allem auf die Verwen-
dung des Begriffs senior bezieht, greift jedoch zu kurz, wie bereits eine Untersuchung der ka-
rolingischen Bischofseide zeigen konnte. S. Kapitel „Der König und seine Bischöfe".
 
Annotationen