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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0340
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3. Strafen und Abgrenzung gegenüber anderen Formen der Amtsenthebung

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und die Erklärungsansätze für seine Mitwelt hinter seiner Darstellung greifen.
Flodoard brachte die im Archiv gespeicherten Informationen über die Vergan-
genheit des Bistums in eine ihm angemessen erscheinende chronologische und
inhaltliche Ordnung. Eine echte Aktivierung des Wissens über das Bischofsamt,
das darin gespeicherte war, erfolgte aber nicht. Doch auf diese von Flodoard
vorgenommene Ordnung stützten sich dann Gerbert von Reims, der den Fall
Ebos von Reims als Vorlage für die Absetzung Arnulfs von Reims verwendet.
Voraussetzung dafür war die Anordnung des Wissens durch Flodoard.
Spätestens bei Gerbert von Reims kann eine historische Dimension in der
Arbeitsweise beobachtet werden: Die Geschichte des Bistums Reims wird als
Argument verwendet, konkreter: Frühere Bischofsabsetzungen selbst, nicht nur
die dort zum Einsatz kommenden Normen, werden als Vorbild und Autorität
angesehen.
3. Strafen und Abgrenzung gegenüber anderen Formen
der Amtsenthebung
Es wurden acht Bischöfe innerhalb eines Verfahrens angeklagt, davon wurden
sieben abgesetzt, also mit dem Amtsentzug bestraft. Einer, Wenilo von Sens,
wurde nur mit Amtsentzug bedroht, versöhnte sich jedoch „außergerichtlich"
mit dem König und wurde trotz massiver Vorwürfe im Amt belassen. Ebo von
Reims floh ins Reich Ludwigs des Deutschen und lebte noch zwei Jahrzehnte als
Bischof von Hildesheim. Rothad von Soissons gelang seine Wiedereinsetzung
durch päpstliche Intervention. Gunthar von Köln und Thietgaud von Trier
blieben zwar dauerhaft abgesetzt, zumindest Gunthar konnte sein Amt aber
noch jahrelang ausüben. Hinkmar von Laon blieb abgesetzt und wurde als
einziger der hier betrachteten Bischöfe geblendet. Seine Blendung steht in zeit-
lichem Zusammenhang mit der Blendung des rebellischen Königssohns Karl-
mann. Doch es fehlt bei Hinkmar von Laon jeglicher Hinweis auf einen rechtli-
chen Hintergrund der Blendung. Hinkmar von Laon ist nicht der einzige Bischof
im Westfrankenreich, der geblendet wurde. Obwohl die Blendung offensichtlich
dazu diente, den Bischof amtsunfähig zu machen, war dies kirchenrechtlich
keineswegs eindeutig.
Gegen Ende des 9. und im Verlauf des 10. Jahrhunderts nahm die Gewalt
gegen Bischöfe offenbar zu1416. 894 wurde Teutbald von Langres im Zuge eines
Konflikts zwischen seinem Verwandten Fulko von Reims und rivalisierenden
Adligen geblendet1417.
Mit der physischen Gewalt gegen Bischöfe — in deren Folge die Bischöfe
teilweise aus ihrem Amt entfernt wurden — beschäftigte sich auch die Synode von

1416 Jegou, L'eveque, S. 383 ff. Es gab laut Jegou kaum Bischofsmorde zwischen 750 und 880, Jegou
konstatiert eine wachsende Zahl zwischen 880 und 1040.

1417 Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae IV, c. 3.
 
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