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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0302
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4. Zwischenfazit

301

hervorgerufen. Dies garantierte Gauzlin für die Abtei und für die zukünftigen
Äbte wird dies eine Aufgabe sein, an der sie zu messen sind. Wie hoch die
Messlatte hängt, macht Andreas auch bei den Wundern, die er Gauzlin noch zu
dessen Lebzeiten zuschreibt, deutlich: Es wirkt ganz die spirituelle Kraft des
Abtes, auf das Eingreifen des Heiligen Benedikt ist er nicht angewiesen.

4. Zwischenfazit
Ohne Zweifel fällt nach einer Zusammenschau der Vita Rotberti und der Vita
Gauzlini auf, dass hier Abts- und Königsbild sich aneinander annähern. Abt und
König sind das neue Komplementärpaar. Die enge Beziehung zwischen Kö-
nigtum und monastischem Umfeld ist auch von Frederick Paxton konstatiert
worden, wobei für ihn das monastische Umfeld in den Äbten von Fleury re-
präsentiert wird; die Spannungen und zunehmende Entfremdung zwischen
Robert und Odilo von Cluny etwa, berücksichtigt er nicht. Als maßgeblichen
Grund für die Nähe zwischen Königtum und Fleury sieht er den politischen
Wandel in Westfranken mit der Übernahme der Königsherrschaft durch die
Kapetinger. Dieser Wandel bot für die Äbte von Fleury und die Könige die
Chance, ihre Beziehungen neu zu gestalten und die Grenzen ihrer Autorität und
Macht neu auszuloten. Die Mönche suchten im König nach englischem Vorbild
einen Verbündeten (hier überstrapaziert Paxton das Zeugnis der Passio Ead-
mundi). Was aber konnten die Mönche dem König als Gegenleistung geben?
Paxtons These lautet, dass die Mönche den Königskult verbreiten konnten und
dass sie eine Herrschaftstheologie entwickelten, welche die Könige über alle
Mitmenschen hob und sie an die Spitze der Kirche stellte — so haben es angeblich
Abbo und Helgald für Hugo und Robert getan. Sie verbanden laut Paxton das
Königtum mit einer speziellen religiösen Aura in der Absicht, die Umgestaltung
der sozialen und kirchlichen Hierarchie gemäß den Vorstellungen der monas-
tischen Reform zu legitimieren. Zudem bringt Paxton diese angeblich „revolu-
tionären"1274 Veränderungen auf dem Gebiet der abbatialen und königlichen
Macht mit apokalyptischen Vorstellungen um das Jahr 1000 in Verbindung1275.
Die lange Tradition der bischöflichen Ecclesiologie und ihre Bedeutung für das
karolingische Ordnungsdenken und den karolingischen Wissensbestand über
Ämterführung (der auch von den monastischen Autoren rezipiert aber stark
modifiziert wird), lässt er bei dieser Betrachtung ebenso außen vor wie das
monastische Selbstverständnis der Zeitgenossen um das Jahr 1000: Die Mönche
waren nicht von dieser Welt, sondern standen, wie logna-Prat es einmal for-
mulierte, zwischen den Engeln und den Menschen1276. Könige und Bischöfe ge-

1274 Paxton, Abbas, S. 212.

1275 Vgl. Paxton, Abbas, S. 210ff.

1276 Iogna-Prat, Entre anges et hommes.
 
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