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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0274
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2. Helgald

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Abbo und seiner Verbindung zum König Robert zeichnet, ist nicht dazu geeig-
net, Fragen nach dem Verhältnis Abbos zur kapetingischen Dynastie zu beant-
worten, denn sein Biograph wollte die Verbindung Fleurys zum Königsge-
schlecht ganz allgemein als besonders eng darstellen. Auf einer anderen Ebene
aber charakterisiert er gleichzeitig die Stellung des Königtums — jedenfalls be-
zogen auf den Süden des Reiches — als sehr schwach. Berühmt ist der Ausspruch,
den er seinem Helden Abbo beim Anblick des Klosters La Reolle mit seiner
Umgebung in der Gascogne in den Mund legt: „Nun bin ich mächtiger als unser
Herr, der König der Franken innerhalb der Grenzen dieses Gebietes, wo seine
Herrschaft von niemandem gefürchtet wird, da ich ein solches Haus besitze"1144
Diese Aussage Aimos lässt sich nur sehr schwer mit der Darstellung des Kö-
nigtums als Beschützer aller Mönche in Abbos Liber Apologeticum in Einklang
bringen. Die Diskrepanz lässt sich aus den unterschiedlichen Funktionszusam-
menhängen der Texte erklären. Aimo zielt mit der Vita Abbonis ganz auf die
monastische Gemeinschaft, das Werk ist an eine Gemeinschaft gerichtet, die sich
selbst ihres Status' als exemtes Königskloster versichert. Auch der Konflikt
Abbos mit Arnulf von Orleans ist daher von Aimo gezielt erzählerisch ausge-
staltet worden, von Abbo selbst haben wir oft nur indirekte Aussagen bezüglich
seiner Gegner1145. Aimo hingegen beschreibt nicht nur, dass Abbo sich mit Hilfe
seines kanonistischen Dossiers gegen den Bischof von Orleans verteidigte, da
dieser Dinge von ihm forderte, die nicht rechtens waren, sondern er nennt den
Bischof Arnulf auch ganz explizit einen inimicus, einen Feind1146, der sogar vor
einem tätlichen Angriff auf Abbo, nicht zurückschreckte. Aimo bietet uns mit
seiner Darstellung weniger konkrete Informationen über die Motive Abbos als
vielmehr den Niederschlag der Ereignisse in der kollektiven Erinnerung1147.

2. Helgald
Ein wertvolles Zeugnis einer Herrschervita liegt uns mit der Vita Roberts des
Frommen von Helgald von Fleury vor. Auch wenn man das Attribut „Laienvita"
vielleicht nicht unbedingt auf eine Lebensbeschreibung eines gesalbten Königs
anwenden möchte1148, so ist doch hervorzuheben, dass es die erste Vita ist, in der

werden. Die Form der Urkunden ist dabei kein Ausdruck von Verfall und Niedergang. Vgl. dazu

Guyotjeannin, Les eveques, S. 91-93.

1144 Aimo, Vita Abbonis c. 20.

1145 Vgl. Kapitel Abbo von Fleury und die Bischöfe. Aber Aimo erwähnt, soweit ich sehe, Gerbert von
Reims nicht als Gegner Abbos, obwohl er auf die Absetzung und Restitution Arnulfs von Reims
ausführlich eingeht.

1146 Aimo, Vita Abbonis c. 8.

1147 Vgl. die Darstellung Aimos in seiner Vita Abbonis c. 12. Hier legte Aimo selbst ein Dossier mit
Auszügen aus den Briefen Gregors d. Großen an.

1148 Auch wenn dies oft in der Literatur geschieht vgl. nur etwa Bautier, Introduction, in: Aimo von
Fleury, Vita Abbonis, S. 21: „un veritable samt laique". Bei Robert liegt seine Sündhaftigkeit in
seinem Lebenswandel als Nicht-Geistlicher begründet. Dies rechtfertigt in gewisser Weise, von
 
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