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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0268
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7. Abbos Arbeitsweise und seine Briefe

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7. Abbos Arbeitsweise und seine Briefe
Was aber lässt sich zur Arbeitsweise Abbos sagen, nutzte er Strategien, um das
Wissen gezielt zu verbreiten?
Es ist bereits deutlich geworden, dass Abbo seine Werke adressierte, Wid-
mungsbriefe verschickte und selbst auch seine politische Absicht in Vorreden
kundtat. Abbos Briefe stehen zwar im Schatten der sehr viel umfangreicheren
Briefsammlung Gerberts, aber gerade die Briefe bieten einen hervorragenden
Einblick in Abbos Arbeitsweise und in die Werkstatt Fleury als Ort der Wis-
sensproduktion.
Der Brief Nr. 14 an einen unbekannten Abt behandelt das Recht der Re-
formklöster auf den Besitz von Eigenkirchen und die dazugehörigen Einkünf-
te1129. Der Brief lässt sich nicht sicher datieren, entstand aber mit hoher Wahr-
scheinlichkeit zumindest nach 991, vielleicht sogar nach 994. Abbo arbeitete bei
der Abfassung mit dem Register Gregors des Großen. Aus der Bibliothek und
dem Skriptorium von Fleury hat sich eine Kopie des Registers Gregors in zwei
Bänden erhalten. Die Handschrift stammt aus dem 9. Jahrhundert und weist
Randbemerkungen von Händen des 10. Jahrhunderts auf1130.
Im dem Brief Nr. 14 wird die monastische Doktrin zum Thema der Zehnt-
einkünfte erstmals systematisch behandelt und unter effektiver Heranziehung
von Autoritäten ausgearbeitet, die Zitate werden in dem Brief mit Angabe der
Quelle inseriert. Bei dem Brief handelt es sich daher um ein kanonistisches
Dossier und um eine Denkschrift in bester karolingischer Tradition, die aber ein
neues kirchenpolitisches Problem behandelt. Die alten karolingischen Katego-
rien werden aber zum Teil auf den Kopf gestellt, denn Abbo greift sowohl Laien
als auch Bischöfe in sehr scharfer Form an: Laikaler Kirchenbesitz verweltliche,
was heilig sei. Nicht mehr die Mönche oder Kleriker, die bei Gott für die Ver-
gebung der Sünden des Volkes intervenieren, sind Nutznießer, sondern auf
Beschluss der Bischöfe (iudicio episcoporum) kämen die Opfergaben der Kirche
eher den Pferden und Hunden der Laien zu Gute als den Pilgern, Witwen und
Waisen oder dem Wiederaufbau von Kirchen1131. Ein Gedanke, der auch im Liber
Apologeticus eine zentrale Rolle spielt, wird hier sehr viel weiter ausgebaut,
nämlich die Forderung, dass Altar und Kirche nicht voneinander getrennt
werden dürfen, ebenso wenig wie die göttliche und die menschliche Natur
Christi getrennt gesehen werden kann. Abbo leitet davon ab, dass selbst mit der
bischöflichen Kontrolle über die Güter und Einkünfte einer Kirche keinerlei Ei-
gentumsrechte verbunden seien. Der Bischof kann die Kirche verwalten, aber sie
gehört ihm nicht — also auch nicht dem Bistum. Der Brief selbst ist das Ergebnis
von Wissensorganisation und ein systematisches Dossier. Es lässt sich zeigen,
dass Gedanken in verschiedenen Werken in unterschiedlicher Intensität und

1129 Abbo, Ep. 14, in: Migne PL 139 Sp. 440B-460B.

1130 Zur Ausstattung der Bibliothek von Fleury vgl. Mostert, Bibliotheque.

1131 Ep. 14, Sp. 440D-441 A.
 
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