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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0299
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298

X. König — Bischof- Abt in der monastischen Historiographie

Bischof Fulco sei so von Reue und Büßfertigkeit ergriffen gewesen (penitentia
ductus) aufgrund seines Vorgehens gegen Fleury, dass er dem Heiligen Benedikt
die Abtei Saint-Gault schenkte1260. Auch gingen Gauzlin und er einen Handel ein,
was die Garantie für die Zerstörung der Burg Yevre betraf1261. Der Bischof wird
also von Andreas gelobt, wenn er zur Sicherung oder Vermehrung des Klos-
terguts handelte.
Gegen Laienadlige, die Klostergut entfremdeten, geht Gauzlin bei Andreas
massiv vor. Er droht einem angeblichen Usurpator von Klostergut damit, dass
seine Mönche als willige Märtyrer für die Verteidigung des Besitzes sterben
würden und für jeden, den der Laienadlige tötete, würde Gauzlin wieder zwei
aufstellen — ein erschreckend martialisches Bild, das aber das gedankliche Ord-
nungssystem sehr deutlich macht. Die Mönche unterstehen nur ihrem Abt,
keiner weltlichen Ordnung. Sie sind mächtige Truppen von milites christi, die sich
der Welt entgegenstellen1262.
Nun stand Andreas vor einem Problem: sein Held Gauzlin gehört faktisch
auch zu den adversarii des Klosters, war er doch selbst ein Bischof und agierte
auch außerhalb der monastischen Welt. Wie ging Andreas damit um?
3.3. Gauzlin als Bischof
Andreas lässt Gauzlin auch als Erzbischof von Bourges zu Gunsten Fleurys
handeln. Dies wird an mehreren Passagen deutlich: Ein Kleriker der Kirche von
Bourges, der zuvor Mönch in Fleury gewesen ist, berichtet Gauzlin von dem Fall
einer Burg, die Fleury als Eigentum entzogen worden ist und nun von den
Mönchen von Deols beansprucht wird1263. Gauzlin trägt den Fall auf einem Bi-
schofskonzil vor und kann dort alle Adligen von seiner Sache überzeugen und es
gelingt ihm, die Burg wieder Fleury und seinem Patron Benedikt zurückzuer-
statten. Die übrigen Bischöfe werden hier nicht als Gegner dargestellt, sind aber
passiv — es helfen die nobiles. Gauzlin agiert auch als Bischof nach der Darstellung
Andreass vor allem zu Gunsten seines Klosters Fleury und der monastischen

1260 Andreas von Fleury, Vita Gauzlini, c. 43, S. 80.

1261 Andreas von Fleury, Vita Gauzlini c. 42, S. 79-81.

1262 Vgl. die polemische Schilderung des „rex" Odilo von Cluny und seiner „Truppen" bei Adalbero
von Laon in seinem Carmen ad Rotbertum (Adalberon de Laon Poeme, V. 109-114). Adalbero
stellt das Konzept des miles christi als monastische Anmaßung dar, die die gottgegebene Ord-
nung von Kämpfenden, Betenden und Arbeitenden auf den Kopf stelle. Diese Stelle ist vom
Editor Carozzi (Introduction, S. XCII) in Anlehnung an Lemarignier (Le gouvernement royal,
S. 133 f. und Ders., Institutions, S. 53) als Darstellung der tatsächlichen politischen Zustände
verstanden worden: Odilo habe aufgrund der enormen Schwäche des Königtums eine königs-
gleiche Stellung übernommen. Adalbero schildere in seiner ernst zu nehmenden Klage die
besorgniserregenden politischen Zustände seiner Zeit. Adalberos Darstellung zeigt aber viel-
mehr die Perspektive eines Bischofs mit eigenen politischen Zielen. Möglich ist, dass Adalbero
sich bewusst lustig macht über die monastische Denkfigur des miles christi und generell die
monastischen Kreise nicht ernst nimmt. Vgl. Bur, Saint Thierry, S. 47-49.

1263 Andreas von Fleury, Vita Gauzlini, c. 11, S. 45.
 
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