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Breternitz, Patrick; Universität zu Köln [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 12): Königtum und Recht nach dem Dynastiewechsel: das Königskapitular Pippins des Jüngeren — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74404#0186
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5.3 Langobardische Vorbilder?

185

5.2.3 Die Rolle des comes
Die engen Verknüpfungen zwischen Königskapitular und Lex Salica sind of-
fensichtlich. Für die Frage, inwieweit Kapitel 7 des Kapitulars lediglich alte Re-
gelungen wiederholt oder hier eine Weiterentwicklung des Rechts sichtbar wird,
ist die Rolle des comes im Königskapitular von entscheidender Bedeutung. Im
behandelten Titulus der Lex Salica wird der Graf nicht erwähnt. Hier können
allein die Rachinburgen angegangen werden.148 Anders verhält es sich im Kö-
nigskapitular, das Graf und Rachinburgen gemeinsam agieren lässt.149 Zwar
werden sie nur an einer Stelle explizit genannt, doch konnte Weitzel mit guten
Gründen plausibel machen, dass die ansonsten verwendeten Pronomina auch
Rachinburgen und Graf gemeinsam bezeichnen sollen.150 Der gemeinsamen
Nennung von Graf und Rachinburgen im Königskapitular kommt eine große
Bedeutung in der Diskussion der Funktion des Grafen im Gericht und des Ver-
hältnisses von Graf und Rachinburgen zu. Weitzel liest das Königskapitular in
der Hinsicht, dass hier der Graf als Richter Miturteiler mit den Rachinburgen
ist.151 Die damit verknüpften rechtshistorischen Fragestellungen können und
brauchen hier nicht weiter vertieft zu werden. Denn es ist unbestritten, dass das
Königskapitular diese Punkte nicht beiläufig in einem Nebensatz neu regeln
wollte, sondern hier schlichtweg nur Veränderungen im Gericht seit der Ent-
stehung der A-Fassung der Lex Salica Rechnung getragen werden sollte.
Im Königskapitular wird also eine Weiterentwicklung des Rechts sichtbar,
aber diese Weiterentwicklung wird nicht durch das Königskapitular bewirkt. In
diesem Sinne kann das Urteil Schmitt-Weigands, dass das Königskapitular keine
Neuerung einführe, gegen die Kritik Weitzels aufrechterhalten werden.

5.3 Langobardische Vorbilder?
Maßnahmen gegen Justizverweigerung sind kein Alleinstellungsmerkmal des
fränkischen Rechts. Alfred Boretius gab in seiner Edition des Königskapitulars
neben der Lex Salica eine weitere Vergleichsstelle aus dem langobardischen
Recht an.152 Die Frage, inwieweit Kapitel 7 des Königskapitulars von einem
Gesetz des langobardischen Königs Ratchis (Ratchis 2) beeinflusst wurde, ist von
der rechtshistorischen Forschung unterschiedlich beantwortet worden. Walther

148 Vgl. oben Kap. 5.2.1.

149 Pippini regis capitulare c. 7, in: MGH Capit. 1, Nr. 13, S. 32 Z. 21-25: Etsi reclamaverit quod legem ei
non iudicassent, tune licenciam habeat ad palacium venire pro ipsa causa. Et si ipsos convincere potuerit
quod legem ei non iudicassent, secundum legem contra ipsum emendarefaciat. Etsi comes vel racemburgii
eum convincere potuerint quod legem ei iudicassent, et ipse hoc recipere noluerit, hoc contra ipsos
emendare faciat.

150 Vgl. Weitzel, Dinggenossenschaft, Bd. 1, S. 541-543.

151 Ausführlich dazu Weitzel, Dinggenossenschaft, Bd. 1, S. 531-543 u.ö.

152 Vgl. Boretius, Capitularia, S. 32 Anm. 3.
 
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