sandten die Goldländer Pern und Mexiko ihren Tribut, und die portu-
giesischen, jetzt spanischen Karavellen fuhren um das Kap der Guten
Hoffnung in die fernen Kolonien des indischen Goa, des chinesischen
Makao nach Spezereien und Perlen. Einen solchen Bezirk der Macht
hatte die Erde noch nicht gesehen. Aber auch die geistige Kraft der
Nation war groß und umfassend, und die spanische Kultur erlebte da-
mals die Zeit ihrer höchsten und reifsten Blüte. Die Glaubensinbrunst
und die Willenszucht Ignatius von Loyolas hatten dem morschen und
bereits sich lösenden Bau der römischen Kirche einen neuen Halt und
ein unerwartet stählernes Gefüge wiedergegeben, und mit der univer-
salen geistigen Bewegung der Gegenreformation flutete eine bis dahin
Max 'Unold Lithographie
fremde, zerknirschende und berauschende Frömmigkeit aus Spanien,
dem Lande der heiligen Teresa, über das ganze katholische Europa.
Der kastilische Geist, eine stolze, glühende, streng sich selber bezwin-
gende Männlichkeit, verband sich damals in der Harmonie des Schaffens
mit der weichen und üppigen Phantasiefülle des Südens: es dichteten
unter vielen Genossen Cervantes, Calderon und Lope, es malten der
Grieche Theotokopuli, Zurbaran, Ribera, Velasquez und Murillo. Alle
Gaben, welche die Natur diesem leidenschaftlichen und strengen Volke
geschenkt, kamen damals zu ihrer letzten und vollkommensten Entfaltung.
Aber nicht bloß die Künstler und Dichter, nicht die Könige, Staats-
männer und Priester allein wirkten zusammen zu diesem Gebäude
spanischer Macht und Blüte, im Grunde emporgetragen wurde es von
der Manneskraft eines in Entbehrungen großen und in feuriger Tapfer-
keit unüberwindlichen Volkes von Kriegern, Seefahrern und Abenteurern.
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giesischen, jetzt spanischen Karavellen fuhren um das Kap der Guten
Hoffnung in die fernen Kolonien des indischen Goa, des chinesischen
Makao nach Spezereien und Perlen. Einen solchen Bezirk der Macht
hatte die Erde noch nicht gesehen. Aber auch die geistige Kraft der
Nation war groß und umfassend, und die spanische Kultur erlebte da-
mals die Zeit ihrer höchsten und reifsten Blüte. Die Glaubensinbrunst
und die Willenszucht Ignatius von Loyolas hatten dem morschen und
bereits sich lösenden Bau der römischen Kirche einen neuen Halt und
ein unerwartet stählernes Gefüge wiedergegeben, und mit der univer-
salen geistigen Bewegung der Gegenreformation flutete eine bis dahin
Max 'Unold Lithographie
fremde, zerknirschende und berauschende Frömmigkeit aus Spanien,
dem Lande der heiligen Teresa, über das ganze katholische Europa.
Der kastilische Geist, eine stolze, glühende, streng sich selber bezwin-
gende Männlichkeit, verband sich damals in der Harmonie des Schaffens
mit der weichen und üppigen Phantasiefülle des Südens: es dichteten
unter vielen Genossen Cervantes, Calderon und Lope, es malten der
Grieche Theotokopuli, Zurbaran, Ribera, Velasquez und Murillo. Alle
Gaben, welche die Natur diesem leidenschaftlichen und strengen Volke
geschenkt, kamen damals zu ihrer letzten und vollkommensten Entfaltung.
Aber nicht bloß die Künstler und Dichter, nicht die Könige, Staats-
männer und Priester allein wirkten zusammen zu diesem Gebäude
spanischer Macht und Blüte, im Grunde emporgetragen wurde es von
der Manneskraft eines in Entbehrungen großen und in feuriger Tapfer-
keit unüberwindlichen Volkes von Kriegern, Seefahrern und Abenteurern.
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