Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 7.1927
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.67280#0080
DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:Pepinski, Eryk: Gärten vom ersten Amenophis bis zum ersten Zypernik
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.67280#0080
GÄRTEN
VOM ERSTEN AMENOPHIS BIS ZUM ERSTEN ZYPERNIK
Von
ER YK PEPINSK1
Der Unterschied zwischen beiden Herren und ihrem löblichen Wohltun
für sich und die Kunst ist nicht groß, wenngleich jener der achtzehnten
Dynastie der tüchtigen Regenten des Nildeltas angehörte und dieser Herr
Zypernik, würdiger Vertreter einer aufblühenden Dynastie von Lebenselixier-
fabrikanten, unserer Zeit angehörte. Beide Herren waren Besitzer rühmens-
werter Schlösser und Gärten, und in der Zwischenzeit, da der eine schon
einbalsamiert und der andere noch nicht erzeugt war, flossen Nil und Havel
so etwas über dreitausend und fünfhundert Jahre durch ihre Grenzmarken.
Andere markige Geschlechter kamen und gingen, bauten Schlösser und
Gärten und lebten guter Dinge ringsherum um den Globus.
Ein verehrungswürdiger Honigseimdichter aus dem alten Aegypten
hinterließ uns im bekannten Turiner Papyrus folgende Beschreibung des
damals wie heute zeitgemäßen Gartengebrauchs: „Kleine Sykomore, die sie
gepflanzt hat mit ihrer Hand! Sie schickt sich an zu sprechen, und ihre Worte
sind süß wie Honigseim. Schön ist ihr Laub, und grünender als des Papyrus
Blätter sind die ihrigen. Geschmückt ist sie mit Früchten, die röter sind als
Rubin, und ihre Blüten sind grüner als Malachit. Kühlung bringt sie in der
Sonnenglitt. Für die Gärtnerstochter legt sie in die Hand eines kleinen Mäd-
chens einen Brief. Der heißt sie eilen zu dem geliebten Freunde und zu ihm
sprechen — komm Lieber, weile in dem schönen Garten, froh ist deine Gärt-
nerin. Komm in den Schatten und begehe festlich diesen Tag und auch den
Morgen. Weile mit mir unter diesem Blätterdickicht. Selig sitzt zu ihrer
Rechten der Geliebte, und sie hört auf seine Stimme, die sie lockt. — Was ich
auch sehen mag, spricht der Sykomorenbaum — verschwiegen bin ich, ich
plaudere nicht davon. Muß man mehr von den Gärten der Pharaonen wissen?
Und wenn schon — es war in jedem ein Ententeich in der Mitte, in welchem
zu Zeiten die gnädigen Herrschaften auch badeten. Drumrum war eine Reihe
Sykomoren (Wildfeigenbäume) gepflanzt. Jeder pflückte, ehe er badete, sein
Feigenblatt nach Augenmaß vom Baum, band es vermittels eines Binsenhalmes
oder eines Papyrusstengels um die Hüften, womit der Sitte Forderung erfüllt
war. Die Victoria regia und kleinere Wasserröslein blühten in dem Teich, und man
ließ sich zu besonderer Verlustierung in einem Kahn auf dem Wasserbecken
hin und her gondolieren, den Goldfischen und so seine Aufmerksamkeit
widmend. Hatte man genug davon, so ging man Datteln oder Weinbeeren
naschen, die in weiteren Reihen um das Bassin gepflanzt waren. Pfirsiche,
Granatbäume, Tamarisken und Palmen verschiedener Art hatte man auch
schon erfunden. Man gab Gesellschaften damals nur im Garten. Von den
Geburtstagsvorbereitungen des Moses, wie der zitierte Lyrikerahnherr uns
ahnen läßt, bis zur Totenfeier, die im Grab von Minnacht, Scheich abd el
Gurna, Querraum, linke Wand, aufgemalt ist (Thutmosis II. Zeit).
44
VOM ERSTEN AMENOPHIS BIS ZUM ERSTEN ZYPERNIK
Von
ER YK PEPINSK1
Der Unterschied zwischen beiden Herren und ihrem löblichen Wohltun
für sich und die Kunst ist nicht groß, wenngleich jener der achtzehnten
Dynastie der tüchtigen Regenten des Nildeltas angehörte und dieser Herr
Zypernik, würdiger Vertreter einer aufblühenden Dynastie von Lebenselixier-
fabrikanten, unserer Zeit angehörte. Beide Herren waren Besitzer rühmens-
werter Schlösser und Gärten, und in der Zwischenzeit, da der eine schon
einbalsamiert und der andere noch nicht erzeugt war, flossen Nil und Havel
so etwas über dreitausend und fünfhundert Jahre durch ihre Grenzmarken.
Andere markige Geschlechter kamen und gingen, bauten Schlösser und
Gärten und lebten guter Dinge ringsherum um den Globus.
Ein verehrungswürdiger Honigseimdichter aus dem alten Aegypten
hinterließ uns im bekannten Turiner Papyrus folgende Beschreibung des
damals wie heute zeitgemäßen Gartengebrauchs: „Kleine Sykomore, die sie
gepflanzt hat mit ihrer Hand! Sie schickt sich an zu sprechen, und ihre Worte
sind süß wie Honigseim. Schön ist ihr Laub, und grünender als des Papyrus
Blätter sind die ihrigen. Geschmückt ist sie mit Früchten, die röter sind als
Rubin, und ihre Blüten sind grüner als Malachit. Kühlung bringt sie in der
Sonnenglitt. Für die Gärtnerstochter legt sie in die Hand eines kleinen Mäd-
chens einen Brief. Der heißt sie eilen zu dem geliebten Freunde und zu ihm
sprechen — komm Lieber, weile in dem schönen Garten, froh ist deine Gärt-
nerin. Komm in den Schatten und begehe festlich diesen Tag und auch den
Morgen. Weile mit mir unter diesem Blätterdickicht. Selig sitzt zu ihrer
Rechten der Geliebte, und sie hört auf seine Stimme, die sie lockt. — Was ich
auch sehen mag, spricht der Sykomorenbaum — verschwiegen bin ich, ich
plaudere nicht davon. Muß man mehr von den Gärten der Pharaonen wissen?
Und wenn schon — es war in jedem ein Ententeich in der Mitte, in welchem
zu Zeiten die gnädigen Herrschaften auch badeten. Drumrum war eine Reihe
Sykomoren (Wildfeigenbäume) gepflanzt. Jeder pflückte, ehe er badete, sein
Feigenblatt nach Augenmaß vom Baum, band es vermittels eines Binsenhalmes
oder eines Papyrusstengels um die Hüften, womit der Sitte Forderung erfüllt
war. Die Victoria regia und kleinere Wasserröslein blühten in dem Teich, und man
ließ sich zu besonderer Verlustierung in einem Kahn auf dem Wasserbecken
hin und her gondolieren, den Goldfischen und so seine Aufmerksamkeit
widmend. Hatte man genug davon, so ging man Datteln oder Weinbeeren
naschen, die in weiteren Reihen um das Bassin gepflanzt waren. Pfirsiche,
Granatbäume, Tamarisken und Palmen verschiedener Art hatte man auch
schon erfunden. Man gab Gesellschaften damals nur im Garten. Von den
Geburtstagsvorbereitungen des Moses, wie der zitierte Lyrikerahnherr uns
ahnen läßt, bis zur Totenfeier, die im Grab von Minnacht, Scheich abd el
Gurna, Querraum, linke Wand, aufgemalt ist (Thutmosis II. Zeit).
44