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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 10.1930

DOI issue:
Heft 7
DOI article:
Jauss, Annemarie: Portugiesischer Bericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.73550#0701

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Eduard Braun

seit einiger Zeit verboten. Ich habe manchmal Frauen mit einem Schuh gesehen,
die anscheinend glaubten, damit dem Gesetz Genüge zu tun.
Lissabon soll die lauteste Stadt der Welt sein. Ich halte es für sehr möglich.
Die Portugiesen haben eine große Neigung zu Radau. In erster Linie natürlich
die Autohupen und die Ausrufer. Dann aber die verschiedenen kleinen Trom-
peten! Auf jeder Bahnstation wird mit solchen geblasen, und auf dem Land wird
alles damit angekündigt: der Brotesel, der Fleischesel, der Fischesel, die Post usw.
Dazu die Scherenschleifer mit ihren melancholischen Pfeifen. Das sind aber
Galicier aus Nordspanien, ein Portugiese fände diesen Beruf unter seiner Würde.
Bettler gibt es viele, wie überall im Süden. Gibt man ihnen nichts, sagt man:
„Tenha paciencia" („Hab Geduld!"). An der Haustüre aber gibt jeder etwas.
In Lissabon ist wenig Möglichkeit sich zu amüsieren, es gibt eigentlich nur
ein elegantes (Klub-) Lokal, das „Maxim". Die jungen Männer fahren nach
Paris oder Sevilla. Frauen können so wenig wie in Spanien in Lokale gehen,
außer in Konditoreien. Polizeistunde gibt es nicht, und alles fängt ein paar Stunden
später an als bei uns: Büros um 10 Uhr, Läden um 9 Uhr, Theater und Kinos
10 Uhr abends. Auch die Kinder werden erst gegen Mitternacht zu Bett gebracht.
Die Cafes sind nur für Männer da und nach politischen Richtungen eingeteilt.
Hier werden auch die Revolutionen gemacht. Die portugiesische Musik ist lange
nicht so schön wie die spanische. Die Schlager („Fados") sind meistens recht
sentimental und charakterlos. Die eleganten Frauen sieht man eigentlich nur im
Auto, sonst höchstens auf dem „Chiado", wo am Spätnachmittag gebummelt,

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