Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 12.1932

DOI Artikel:
Ehrenstein, Albert: Der Nil
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0054
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Der Nil
Von
Albert Ehrenstein

Der Nil ist nur Touristen grün,
Fellachen sehen ihn gelb oder grau.
In Ägypten leben: hungern
Millionen von einem Groschen den Tag.
Dreizehn Millionen Menschen
Haben kein reines Wasser, kein Haus.
Dafahrn ma halt nach'm Menahaus naus.
Es wird ein Nil sein,
Und wir wern still sein!
Börseaner aller Länder
Vereinigt euch
In Ägypten.
Hier ist Baumwolle;
Steigt sie toll mit den Fluten,
Gibts Geldüberschwemmung für die guten
Plantagenbesitzer.

Der immergrüne dreckbraune Nil
Spendet drei Ernten im fahr
Immerdar.
Zwar blüht Bilharzia, Typhus und Ruhr,
Aber nicht Weißen, sondern nur
Den Fellachen,
Die seit Pharaonen
Häuferln machten in der Wüste,
Unter siebenundsiebzig Plagen Ägyptens
Stöhnend auf den Straßen einschlafen,
Aussätzig, erblindet erwachen.
Lepra stört nicht den Schlaf
Der schlafwagengewiegten
Paschas, Lords und ihrer
Whiskysodalisken.
Der Suezcanaillen,
Die mit Siebenmeilenstiefeln gähnend am
Flamingorot,
An Ibissen und Wasserbüffeln des Deltas
Vorbei,
An nie geschauten Tempeln der Götter
Vorbei
Alle Wüsten in Pullman-Oasen durcheilen.


28
 
Annotationen