Stückchen Süßigkeit dazu". Die ersten fünf-
zig Seiten aber sind beste bayrische Er-
zähltradition. Wie bei allen großen bay-
rischen Erzählern ist darin der Kardinal-
fehler dieses vitalen Stammes, eine leider
angeborene Hämischkeit, zur künstlerischen
Tugend geworden. Diese fünfzig Seiten
verpflichten. Wie wäre es, Leidmännin,
wenn du in deinem nächsten Buch das
Niveau halten würdest?
Marieluise Fleisser
Punkt-Sieg über Karin Michaelis.
Das Buch Gefährliche Jahre von Rose Ma-
cauly (Erich Reiß Verlag, Berlin) hat Mut
und Humor. Es schlägt eine ehrwürdige
große Rivalin nach Punkten: Karin
Michaelis „Gefährliches Alter" ist endgültig
niedergerungen. Der Schritt von der zeit-
lichen Begrenzung der Gefahr in ihre Re-
lativität ist getan. Jede Lebensstufe der
Frau ist beschattet von der unabwend-
baren Natur-Katastrophe: Alter. An sechs
Frauen aus vier Generationen einer Fa-
milie wird diese Erkenntnis, bei aller Be-
tonung des Tragischen, mit Witz und Geist
veranschaulicht. Da ist eine 84jährige, vor
kurzem erst dem Erzfeind sich fügend, un-
endlich frischer als ihre Tochter, die 63-
jährige (Namen sind unwichtig bei diesen
gestalteten Altersstufen), die ihr Altersleid
auf einen Psychoanalytiker wirft. Dieser
echte Fall des früheren „gefährlichen Al-
ters" ist unsympathisch, aber im Grunde
nur lauter als der ihrer 43jährigen Tochter.
Diese noch reizvolle Frau vergeht vor Neid
bei dem täglichen Anblick ihrer 20jährigen
Tochter. In ihrer Sehnsucht nach Jungsein
versucht sie, ihr durch die Ehe abgebroche-
nes Medizinstudium wieder aufzunehmen.
Ohne Erfolg. Das nächste Opfer, eine
kluge, blühende 33jährige, wird durch die
Untreue ihres Freundes, der die 20jährige
zur Ehe wählt, in die Rolle des späten
Mädchens gedrängt. Und selbst die 2ojäh-
rige — dieser Gefahrenherd für alle —
sichert sich, vor der Eheschließung, ihr per-
sönliches Verfügungsrecht für die Zeit des
Alterns in die Ehe. Einzig die 38jährige,
volltätig in sozialer Arbeit, von einer
Freundin bemuttert, kennt weder Furcht
vor dem Altern noch Neid auf die Jugend.
Sie ist es, die das erlösende Schlußwort
spricht: „Ich sehe nicht, weswegen man so
viel Aufhebens davon macht... das Alter
ist doch so unwichtig..." Ilse Linden
Sir Galahad
Mütter und Amazonen
Ein Querschnitt weiblicher Reiche
Leinen 1140 Mark
,,. . . Einen Querschnitt durch die Ge^
schichte der gynokratischen Reiche zu
legen, führte zu einer ,ersten weiblichen
Kulturgeschichte'. Dies Wort freilich sagt
zu wenig. Der Verfasser vermag durch das
Gegebene hindurch nach strengen Regeln
wissenschaftlicher Forschung ins lebens
dige Bild der Kulturen zu schauen, Sinn^
deutungen vergangener und gegenwärtig
ger Riten und Kulte zu geben, großartig
die Geschicke der matriarchalisch be^
stimmten Völker darzustellen... Die
oftmals satirische, fast sarkastische Art des
Verfassers, Pointen zu setzen, gibt dem
schwierigen Stoff den Reiz einer stilistisch
verfeinerten, amüsanten Lektüre ..."
Otto Zarek in der ,, Vossischen Zeitung"
Albert Langen München
Alexandra Kollontay
WEGE DER LIEBE
Über Liebe und Ehe in Sowjetrußland
420 Seiten. Aufl. 32000. Propagandaausgabe in Leinen 3.75
Eines der wenigen Bücher, die wirklich an Grundpro-
bleme der heutigen [Übergangszeit mit Ernsthaftigkeit
und Leidenschaft zugleich rühren. Berliner Tageblatt
MALIK-VERLAG
307
zig Seiten aber sind beste bayrische Er-
zähltradition. Wie bei allen großen bay-
rischen Erzählern ist darin der Kardinal-
fehler dieses vitalen Stammes, eine leider
angeborene Hämischkeit, zur künstlerischen
Tugend geworden. Diese fünfzig Seiten
verpflichten. Wie wäre es, Leidmännin,
wenn du in deinem nächsten Buch das
Niveau halten würdest?
Marieluise Fleisser
Punkt-Sieg über Karin Michaelis.
Das Buch Gefährliche Jahre von Rose Ma-
cauly (Erich Reiß Verlag, Berlin) hat Mut
und Humor. Es schlägt eine ehrwürdige
große Rivalin nach Punkten: Karin
Michaelis „Gefährliches Alter" ist endgültig
niedergerungen. Der Schritt von der zeit-
lichen Begrenzung der Gefahr in ihre Re-
lativität ist getan. Jede Lebensstufe der
Frau ist beschattet von der unabwend-
baren Natur-Katastrophe: Alter. An sechs
Frauen aus vier Generationen einer Fa-
milie wird diese Erkenntnis, bei aller Be-
tonung des Tragischen, mit Witz und Geist
veranschaulicht. Da ist eine 84jährige, vor
kurzem erst dem Erzfeind sich fügend, un-
endlich frischer als ihre Tochter, die 63-
jährige (Namen sind unwichtig bei diesen
gestalteten Altersstufen), die ihr Altersleid
auf einen Psychoanalytiker wirft. Dieser
echte Fall des früheren „gefährlichen Al-
ters" ist unsympathisch, aber im Grunde
nur lauter als der ihrer 43jährigen Tochter.
Diese noch reizvolle Frau vergeht vor Neid
bei dem täglichen Anblick ihrer 20jährigen
Tochter. In ihrer Sehnsucht nach Jungsein
versucht sie, ihr durch die Ehe abgebroche-
nes Medizinstudium wieder aufzunehmen.
Ohne Erfolg. Das nächste Opfer, eine
kluge, blühende 33jährige, wird durch die
Untreue ihres Freundes, der die 20jährige
zur Ehe wählt, in die Rolle des späten
Mädchens gedrängt. Und selbst die 2ojäh-
rige — dieser Gefahrenherd für alle —
sichert sich, vor der Eheschließung, ihr per-
sönliches Verfügungsrecht für die Zeit des
Alterns in die Ehe. Einzig die 38jährige,
volltätig in sozialer Arbeit, von einer
Freundin bemuttert, kennt weder Furcht
vor dem Altern noch Neid auf die Jugend.
Sie ist es, die das erlösende Schlußwort
spricht: „Ich sehe nicht, weswegen man so
viel Aufhebens davon macht... das Alter
ist doch so unwichtig..." Ilse Linden
Sir Galahad
Mütter und Amazonen
Ein Querschnitt weiblicher Reiche
Leinen 1140 Mark
,,. . . Einen Querschnitt durch die Ge^
schichte der gynokratischen Reiche zu
legen, führte zu einer ,ersten weiblichen
Kulturgeschichte'. Dies Wort freilich sagt
zu wenig. Der Verfasser vermag durch das
Gegebene hindurch nach strengen Regeln
wissenschaftlicher Forschung ins lebens
dige Bild der Kulturen zu schauen, Sinn^
deutungen vergangener und gegenwärtig
ger Riten und Kulte zu geben, großartig
die Geschicke der matriarchalisch be^
stimmten Völker darzustellen... Die
oftmals satirische, fast sarkastische Art des
Verfassers, Pointen zu setzen, gibt dem
schwierigen Stoff den Reiz einer stilistisch
verfeinerten, amüsanten Lektüre ..."
Otto Zarek in der ,, Vossischen Zeitung"
Albert Langen München
Alexandra Kollontay
WEGE DER LIEBE
Über Liebe und Ehe in Sowjetrußland
420 Seiten. Aufl. 32000. Propagandaausgabe in Leinen 3.75
Eines der wenigen Bücher, die wirklich an Grundpro-
bleme der heutigen [Übergangszeit mit Ernsthaftigkeit
und Leidenschaft zugleich rühren. Berliner Tageblatt
MALIK-VERLAG
307