Leben hat ihn an Selbständigkeit gewöhnt. Auch nimmt er ungern fremde
Dienste für sich in Anspruch. Was er nur irgend kann, macht er am liebsten
selber. In seinem Arbeitszimmer im Konzerngebäude hat er eine ganze Batterie
von Druckknöpfen zur Hand, ein Druck — und der Mann, den er gerade braucht,
erscheint. Aber immer wieder springt er selber auf und läuft hinaus, um den
Auftrag persönlich weiterzugeben.
„Wozu brauchen wir da eigentlich noch moderne technische Hilfsmittel, wie
Druckknopf und Klingel?" spottet der Sekretär. „Sie hatten nur hier zu drücken."
Er lächelt verlegen: „Ja, ja ... ich weiß schon.. ."
Aber einen Augenblick später rennt er wieder hinaus.
Dabei versteht er wie kein anderer, die Kräfte seiner Mitarbeiter und Unter-
gebenen auszunutzen. Wie kein anderer versteht er zu befehlen. Freundlich, mit
gedämpfter Stimme — aber der andere weiß schon: nicht zu gehorchen ist un-
denkbar, die Anweisung muß ausgeführt werden, koste es, was es wolle. Wenn
es die Geschäfte erfordern, zögert er nicht, seine Mitarbeiter mitten in der Nacht
zu wecken, sie Tag und Nacht arbeiten zu lassen. Jeder von ihnen hat stets einen
gepackten Reisekoffer bereitstehen, jederzeit muß man auf einen plötzlichen
Anruf gefaßt sein: „Sie müssen heute noch verreisen. Kommen sie sofort, um
sich nähere Anweisungen zu holen."
Wohin? Die Welt ist weit, Kreugers Unternehmungen sind in allen Weltteilen
verstreut. Vielleicht geht die Reise nach Amerika, vielleicht nach Westindien,
vielleicht gar nach China. Vielleicht dauert sie ein Jahr und länger ...
Er selber ist rastlos unterwegs. Die wichtigsten Unterhandlungen im Ausland
führt er persönlich. Ihm liegt daran, alles, was das Netz seiner gewaltigen Organi-
sation umspannt, aus eigener Anschauung kennenzulernen. Auch bringt ihm das
Reisen Entspannung. Zu jeder Zeit, in jeder Lage vermag er zu schlafen. Arbeiten
kann er überall.
Seine Stockholmer Wohnung ist sehr groß, sie nimmt zwei Stockwerke ein.
Im Dachgeschoß sind seine Privaträume. Eine Treppe tiefer befinden sich die
Repräsentations- und die Gästezimmer. Ganz oben, im Dach, ist das „Blumen-
zimmer" eingebaut. Eine kleine Fontäne springt inmitten einer üppigen Fülle
von Blumen. Blumen sind seine Liebhaberei. Sommer und Winter stehen Rosen,
Maiglöckchen, Flieder auf allen Tischen. Besonders den Maiglöckchen gilt seine
Liebe. Ins Blumenzimmer zieht er sich gern zurück, wenn er Ruhe braucht. Von
dort aus öffnet sich eine herrliche Aussicht auf Stockholm.
Die Räume sind mittelgroß. Nichts Imposantes. Keine prunkvollen Säle für
Hunderte von Gästen. Aber die Ausstattung ist von erlesenem Geschmack. Ver-
schiedene Stile: florentinische Renaissance, Rokoko, Chippendale, Biedermeier,
der schwedische, „gustavische" Stil. Viel schöne und kostbare Kunstwerke. Alles
von ihm selbst ausgewählt und gesammelt.
In der Diele klopft er liebevoll an die feine Schnitzerei eines Renaissance-
tischchens: „Dies ist der schönste Tisch der Welt."
Über der geschnitzten Holztreppe, die beide Stockwerke verbindet, hängt ein
flämischer Gobelinteppich, für Friedrich den Großen angefertigt: Neptun be-
sänftigt den Sturm. Kreuger bewundert diesen Teppich sehr. Vielleicht fesselt
ihn irgendeine unklare Symbolik darin.
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Dienste für sich in Anspruch. Was er nur irgend kann, macht er am liebsten
selber. In seinem Arbeitszimmer im Konzerngebäude hat er eine ganze Batterie
von Druckknöpfen zur Hand, ein Druck — und der Mann, den er gerade braucht,
erscheint. Aber immer wieder springt er selber auf und läuft hinaus, um den
Auftrag persönlich weiterzugeben.
„Wozu brauchen wir da eigentlich noch moderne technische Hilfsmittel, wie
Druckknopf und Klingel?" spottet der Sekretär. „Sie hatten nur hier zu drücken."
Er lächelt verlegen: „Ja, ja ... ich weiß schon.. ."
Aber einen Augenblick später rennt er wieder hinaus.
Dabei versteht er wie kein anderer, die Kräfte seiner Mitarbeiter und Unter-
gebenen auszunutzen. Wie kein anderer versteht er zu befehlen. Freundlich, mit
gedämpfter Stimme — aber der andere weiß schon: nicht zu gehorchen ist un-
denkbar, die Anweisung muß ausgeführt werden, koste es, was es wolle. Wenn
es die Geschäfte erfordern, zögert er nicht, seine Mitarbeiter mitten in der Nacht
zu wecken, sie Tag und Nacht arbeiten zu lassen. Jeder von ihnen hat stets einen
gepackten Reisekoffer bereitstehen, jederzeit muß man auf einen plötzlichen
Anruf gefaßt sein: „Sie müssen heute noch verreisen. Kommen sie sofort, um
sich nähere Anweisungen zu holen."
Wohin? Die Welt ist weit, Kreugers Unternehmungen sind in allen Weltteilen
verstreut. Vielleicht geht die Reise nach Amerika, vielleicht nach Westindien,
vielleicht gar nach China. Vielleicht dauert sie ein Jahr und länger ...
Er selber ist rastlos unterwegs. Die wichtigsten Unterhandlungen im Ausland
führt er persönlich. Ihm liegt daran, alles, was das Netz seiner gewaltigen Organi-
sation umspannt, aus eigener Anschauung kennenzulernen. Auch bringt ihm das
Reisen Entspannung. Zu jeder Zeit, in jeder Lage vermag er zu schlafen. Arbeiten
kann er überall.
Seine Stockholmer Wohnung ist sehr groß, sie nimmt zwei Stockwerke ein.
Im Dachgeschoß sind seine Privaträume. Eine Treppe tiefer befinden sich die
Repräsentations- und die Gästezimmer. Ganz oben, im Dach, ist das „Blumen-
zimmer" eingebaut. Eine kleine Fontäne springt inmitten einer üppigen Fülle
von Blumen. Blumen sind seine Liebhaberei. Sommer und Winter stehen Rosen,
Maiglöckchen, Flieder auf allen Tischen. Besonders den Maiglöckchen gilt seine
Liebe. Ins Blumenzimmer zieht er sich gern zurück, wenn er Ruhe braucht. Von
dort aus öffnet sich eine herrliche Aussicht auf Stockholm.
Die Räume sind mittelgroß. Nichts Imposantes. Keine prunkvollen Säle für
Hunderte von Gästen. Aber die Ausstattung ist von erlesenem Geschmack. Ver-
schiedene Stile: florentinische Renaissance, Rokoko, Chippendale, Biedermeier,
der schwedische, „gustavische" Stil. Viel schöne und kostbare Kunstwerke. Alles
von ihm selbst ausgewählt und gesammelt.
In der Diele klopft er liebevoll an die feine Schnitzerei eines Renaissance-
tischchens: „Dies ist der schönste Tisch der Welt."
Über der geschnitzten Holztreppe, die beide Stockwerke verbindet, hängt ein
flämischer Gobelinteppich, für Friedrich den Großen angefertigt: Neptun be-
sänftigt den Sturm. Kreuger bewundert diesen Teppich sehr. Vielleicht fesselt
ihn irgendeine unklare Symbolik darin.
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