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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 12.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0870

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Amerika eine Seltenheit! In solchen
Fällen muß man sich sonst eine Auf-
wartefrau nehmen, was im Monat für
eine halbe Stunde täglicher Bedienung
io Dollar = 40 Mark kostet. Der
Diener stellte sich als Mannheimer her-
aus, seine Frau — das Stubenmädchen
— ist Frankfurterin. Als ich mit
ihnen Deutsch sprach, sagten sie mir
im Vertrauen, daß sie beide jetzt das
ganze fünfstöckige Haus in Ordnung
zu halten hätten, da außer ihnen nur
noch ein belgischer Koch da sei. Früher
wären noch vier Leute dazu angestellt
gewesen. Im selben Stock sei noch ein
ebenso großes Zimmer wie dieses, das
auch Privatbad hätte, und gleich diesem
als Fremdenzimmer gedient hätte.
Ferner noch drei kleinere Zimmer, die
zusammen ein Badezimmer hätten,
frühere Mädchenzimmer. Alle diese
Räume seien vermietet, ebenso die ein-
zelnen Zimmer des vierten Stocks.
Keiner der zehn Mieter sollte — pro-
grammgemäß — vom andern etwas
wissen, auch sollten Besucher keine
Ahnung haben, daß ein Teil des Palais
vermietet werde. In den unteren drei
Stockwerken wohnten die Eltern mit
drei Kindern, die aus ihrer Privatschule
genommen wurden. Der Preis des
Zimmers war der für New-Yorker
Verhältnisse niedrige von 150 Mark —
die Leute schätzten die Verhältnisse
richtig ein, waren kulant. Abends rief
ich nochmals an und wurde von der
Hausfrau empfangen. Sie verlange
gesellschaftliche oder geschäftliche
Empfehlungen, aber auch nur form-
halber. Sie sagte mir, daß bloß der
fünfte Stock vermietet wäre. Den
nächsten Tag zog ich ein.
Die wirtschaftliche Lage der Leute
ist folgende: der Mann hat durch
Wochen hindurch jede Woche eine
halbe Million Dollar verloren, sie
haben noch Aktien, noch Liegenschaf-
ten von großem Wert, die in der Krise
unverkäuflich sind. Die vermieteten
Räume dieses Hauses bringen ihnen

etwa 360 Dollar im Monat, womit
sie die Wohnung aufrechterhalten kön-
nen, das Personal bezahlen. Dabei
können sie ihre gesellschaftlichen Ver-
pflichtungen erfüllen, Gäste empfangen,
Bridgeparties geben usw. Keiner ihrer
Gäste kennt ihre Situation, und sie
können sogar mit einiger Ruhe warten,
bis die Kurse anziehen, die Krise etwas
von ihrer Schwere verliert. Dies ist
ein krasser Fall, aber kein un-
symptomatischer!
Amerika ist aber trotz der Krise
das gleiche geblieben, in seiner groß-
artigen, optimistischen Kraft, in seiner
unheimlichen Besserwisserei gegenüber
der Natur, einer Besserwisserei, die —
sagen wir einmal — aus seinem Pionier-
tum kommt. Den zweiten Tag nach
meiner Ankunft ging ich in Queens
Borough spazieren. Ich erfreute mich
an einem grünen Rasenteppich, wollte
nähertreten, um seinen frischen Duft
zu atmen. Was sah ich, o Schrecken!
Das Gras war kein Gras, sondern eine
wie Gras gestaltete Masse von Schiefer
und Asphalt. Der Stadtrat hat be-
schlossen, die Natur tüchtig zu be-
schämen! Dieses Gras kennt nicht die
Krise vom Sommer und Winter, aber
auch die andere Krise nicht, um die
wir uns bekümmern. Karl Lohs

Während seines ganzen Lebens
wurde Alexander Dumas mit Plagiats-
klagen verfolgt. Keinen seiner Romane
soll er selbst geschrieben haben. Alle
stammen von „Negern". Besonders gut
Unterrichtete schwuren, Maquer habe die
Bücher von Dumas geschrieben. Was
ist das aber gegen den Vorwurf, den die
Los Angeles Review dem großen franzö-
sischen Romancier macht? „Das Szenario
zum Film ,Die eiserne Maske' hat einen
französischen Schriftsteller — Alexander
Dumas — veranlaßt, diese Episode in
seinem Roman ,Le Vicomte de Brage-
lonne' aufzunehmen. Dem Schriftsteller
ist dabei nur der Vorwurf zu machen,
daß er den von Douglas Fairbanks so
meisterhaft behandelten Stoff ein wenig
zu frei bearbeitet hat."

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