sei. Man sehe sich die Gutachten an, die vor einigen Jahren der verstorbene
Baron von Schrenck-Notzing von den Gelehrten erbeten hat, die zu den Sitzungen
mit dem Medium Willi Schneider eingeladen waren. Nicht ein einziger hat sich
angesichts der in jenen Sitzungen bestehenden Beobachtungsbedingungen abfällig
ausgesprochen, mehrere dagegen sehr positiv. Seitdem ist die Forschung noch
wesentlich fortgeschritten. Zum Besten gehören die Arbeiten des Kopenhagener
Chemieprofessors Winther und des Pariser Arztes Osty, die endlich das ganze
Arsenal moderner physikalischer Untersuchungsmethodik in Anwendung gebracht
haben. Auch ultrarotes Licht und die Photozelle fehlen nicht. Die jetzt geglückte
Schaffung ultrarot empfindlicher Photoemulsionen durch die Agfa wird noch einen
weiteren Fortschritt bringen.
Das ist die wichtigste Wendung, die sich jetzt vollzieht. Die Abneigung, das
Beobachtungsmaterial, von dem der Spiritismus ausging, auch nur nachzuprüfen,
hört mehr und mehr auf. Die Physik hat so viele Überraschungen gebracht. Selbst
der Glaube an die Gesetzmäßigkeit der Natur in ihren elementarsten Wurzel-
erscheinungen besteht nicht mehr durchgängig. In der Biologie ist die mechanische
Weltanschauung ebenfalls aus ihrer Stellung geworfen. Warum sollte es nicht auch
noch „mediale" Phänomene geben? Die bevorstehende Untersuchung der Therese
Neumann wird vielleicht die ganze bisherige physiologische Dogmatik aus ihren
Angeln heben. Ja, die Möglichkeit einer Existenz ohne Nahrungsaufnahme ist sogar
schon längst erwiesen. Im Physiologischen Institut der Sorbonne sind schon vor
Jahren zwei solche Fälle durch längere Zeit beobachtet worden. Eine von jenen Tat-
sachen, die in der Archiven der Wissenschaft niedergelegt sind, aber keine Beachtung
fanden, da sie zu viel Neues in sich schließen.
Auf diese Weise bildet sich immer mehr eine Lage heraus — zunächst im Kreise
der wenigen wirklich Sachverständigen, die auch die Literatur übersehen —, nach
der mindestens ein wesentlicher Teil der sogenannten „physikalischen Phänomene",
auf die sich der Spiritismus stützt, als höchstwahrscheinlich real anzusehen ist. (Die
Grenze ist noch nicht feststellbar.)
Gleichzeitig aber ist die Mehrzahl überzeugt, daß die spiritistische Deutung un-
richtig oder, um auch hier die äußerste Vorsicht walten zu lassen, mindestens un-
nötig ist. Es spielt hier ein wichtiger neuer psychologischer Begriff eine Rolle; der
Begriff der Spaltung der Persönlichkeit. Es scheint, daß es nicht nur unterbewußte
Schichten der Person gibt — die Freudsche Psychoanalyse gründet sich darauf —,
sondern daß sich in ernsteren Fällen daraus auch eine Nebenpsyche abspalten kann.
Und dieses Spalt-Ich wiederum scheint manchmal abnorme psychophysische Be-
ziehungen zur materiellen Wirklichkeit zu haben, in denen der Ursprung der so-
genannten „physikalischen" medialen Phänomene gelegen ist (Klopftöne, Telekine-
sien u. a.). Eine solche Deutung paßt viel besser zu manchen Phänomenen als die
Meinung, es klopfe ein Verstorbener oder bewege einen Gegenstand. Jedenfalls kann
es sich für die Wissenschaft nur darum handeln, die „natürlichen" Erklärungsweisen
so weit zu treiben, wie es irgend möglich ist. Und es ist schwer einzusehen, wo sie
auf eine Grenze stoßen sollen. Die Vorstellungen über das Verhältnis von Psyche
und Materie müssen freilich umgestaltet werden.
Nicht ganz so einfach ist die Lage auf anderem Gebiet. Neben den sogenannten
physikalischen gibt es ja auch rein psychische mediale Phänomene; Hellsehen, Tele-
pathie und anderes mehr. Diese Dinge sind seit nunmehr fünfzig Jahren von der
Society for Psychical Research, einer großen englischen wissenschaftlichen Gesellschaft,
mit niemals nachlassendem Eifer aufs eingehendste untersucht worden. Vierzig
große Bände legen davon Zeugnis ab. Daneben stehen eine Unzahl von Einzel-
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Baron von Schrenck-Notzing von den Gelehrten erbeten hat, die zu den Sitzungen
mit dem Medium Willi Schneider eingeladen waren. Nicht ein einziger hat sich
angesichts der in jenen Sitzungen bestehenden Beobachtungsbedingungen abfällig
ausgesprochen, mehrere dagegen sehr positiv. Seitdem ist die Forschung noch
wesentlich fortgeschritten. Zum Besten gehören die Arbeiten des Kopenhagener
Chemieprofessors Winther und des Pariser Arztes Osty, die endlich das ganze
Arsenal moderner physikalischer Untersuchungsmethodik in Anwendung gebracht
haben. Auch ultrarotes Licht und die Photozelle fehlen nicht. Die jetzt geglückte
Schaffung ultrarot empfindlicher Photoemulsionen durch die Agfa wird noch einen
weiteren Fortschritt bringen.
Das ist die wichtigste Wendung, die sich jetzt vollzieht. Die Abneigung, das
Beobachtungsmaterial, von dem der Spiritismus ausging, auch nur nachzuprüfen,
hört mehr und mehr auf. Die Physik hat so viele Überraschungen gebracht. Selbst
der Glaube an die Gesetzmäßigkeit der Natur in ihren elementarsten Wurzel-
erscheinungen besteht nicht mehr durchgängig. In der Biologie ist die mechanische
Weltanschauung ebenfalls aus ihrer Stellung geworfen. Warum sollte es nicht auch
noch „mediale" Phänomene geben? Die bevorstehende Untersuchung der Therese
Neumann wird vielleicht die ganze bisherige physiologische Dogmatik aus ihren
Angeln heben. Ja, die Möglichkeit einer Existenz ohne Nahrungsaufnahme ist sogar
schon längst erwiesen. Im Physiologischen Institut der Sorbonne sind schon vor
Jahren zwei solche Fälle durch längere Zeit beobachtet worden. Eine von jenen Tat-
sachen, die in der Archiven der Wissenschaft niedergelegt sind, aber keine Beachtung
fanden, da sie zu viel Neues in sich schließen.
Auf diese Weise bildet sich immer mehr eine Lage heraus — zunächst im Kreise
der wenigen wirklich Sachverständigen, die auch die Literatur übersehen —, nach
der mindestens ein wesentlicher Teil der sogenannten „physikalischen Phänomene",
auf die sich der Spiritismus stützt, als höchstwahrscheinlich real anzusehen ist. (Die
Grenze ist noch nicht feststellbar.)
Gleichzeitig aber ist die Mehrzahl überzeugt, daß die spiritistische Deutung un-
richtig oder, um auch hier die äußerste Vorsicht walten zu lassen, mindestens un-
nötig ist. Es spielt hier ein wichtiger neuer psychologischer Begriff eine Rolle; der
Begriff der Spaltung der Persönlichkeit. Es scheint, daß es nicht nur unterbewußte
Schichten der Person gibt — die Freudsche Psychoanalyse gründet sich darauf —,
sondern daß sich in ernsteren Fällen daraus auch eine Nebenpsyche abspalten kann.
Und dieses Spalt-Ich wiederum scheint manchmal abnorme psychophysische Be-
ziehungen zur materiellen Wirklichkeit zu haben, in denen der Ursprung der so-
genannten „physikalischen" medialen Phänomene gelegen ist (Klopftöne, Telekine-
sien u. a.). Eine solche Deutung paßt viel besser zu manchen Phänomenen als die
Meinung, es klopfe ein Verstorbener oder bewege einen Gegenstand. Jedenfalls kann
es sich für die Wissenschaft nur darum handeln, die „natürlichen" Erklärungsweisen
so weit zu treiben, wie es irgend möglich ist. Und es ist schwer einzusehen, wo sie
auf eine Grenze stoßen sollen. Die Vorstellungen über das Verhältnis von Psyche
und Materie müssen freilich umgestaltet werden.
Nicht ganz so einfach ist die Lage auf anderem Gebiet. Neben den sogenannten
physikalischen gibt es ja auch rein psychische mediale Phänomene; Hellsehen, Tele-
pathie und anderes mehr. Diese Dinge sind seit nunmehr fünfzig Jahren von der
Society for Psychical Research, einer großen englischen wissenschaftlichen Gesellschaft,
mit niemals nachlassendem Eifer aufs eingehendste untersucht worden. Vierzig
große Bände legen davon Zeugnis ab. Daneben stehen eine Unzahl von Einzel-
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