der Truste bleiben: die Times (eine nationale Grün-
dung), die Morning Post und noch einige einfluß-
reiche Zeitungen, von denen eine große Verbrei-
tung nur der Daily Herald hat (seine Auflage betrug
im Oktober 1931 insgesamt 1,3 Millionen Exem-
plare, obwohl der Kampf gegen die nationale Re-
gierung in der sozialistischen Zeitung durchaus
nicht glänzend geführt wurde). Über die Bedeutung
der Zeitungstruste braucht man kein Wort zu ver-
lieren. Es sei noch bemerkt, daß die Daily Mail
und der Petit Parisien die verbreitetsten Zeitungen
der Welt sind; die Reineinnahme der letzteren
betrug im Jahre 1928 etwa hundertzwanzig Millio-
nen Franken. Eigentlich wäre die richtigste Klassi-
Zhenya Gay
fikation der Menschen, hinsichtlich ihrer geistigen und seelischen Form, diejenige
nach den Zeitungspressen: homo sapiens „Daily Mail", homo sapiens „Daily
Herald" usw.
Ein großer Theatersaal, überfüllt von gut angezogenem Publikum. Der Vorhang
ist heruntergelassen. Davor, auf dem Proszenium, versucht der Leiter der Ver-
sammlung, Stimmung zu erzeugen. Er erzählt Anekdoten (nicht schlecht), teilt
letzte Neuigkeiten mit, macht dann dem Publikum den Vorschlag, vor Beginn
des Meetings einige Lieder zu singen. An verschiedenen Stellen des Saals sind
Choristen verteilt. Ein Gesang erschallt. Der Versammlungsleiter bittet um die
Erlaubnis, seinen Rock abzulegen, er nimmt einen Stock und beginnt aufgeregt zu
dirigieren. Zuerst singt man ein rührseliges Lied „John Brown", dann ein an-
deres — hier der ganze Text: „Steckt in die Tasche eure Sorgen und lächelt,
lächelt! Was hat es für einen Sinn, sich zu grämen ? Niemals hatte das einen Sinn.
Deshalb, steckt in die Tasche eure Sorgen und lächelt, lächelt, lächelt!" — Fünf
Minuten später brüllt das ganze Theater: „Smile, smile, smile!" Die Stimmung
ist da. Das ist aber dem Leiter zu wenig. Er teilt den Zuschauerraum in zwei Teile:
das Publikum der Enken Seite singt „Daisy, Daisy", das Publikum der rechten
Seite aber gleichzeitig „Tipperary". Was in musikalischer Hinsicht entsteht, kann
man sich leicht vorstellen. Aber das Ziel ist erreicht: es wird sehr lustig. Der Leiter
zieht seinen Rock an und verschwindet. Der Vorhang geht auf. Auf der Bühne
erblickt man fünf Reihen Sessel für ausgewähltes Publikum. Rechts aus der
Kulisse tritt ein mittelgroßer, hagerer Mensch mit listigem klugem Gesicht, ein
schlauer Bauernkopf. Das ist Lord Beaverbrook. Stürmische Begrüßung.
Niemand pfiff Lord Beaverbrook aus. Seine Gegner bildeten im Saal eine ver-
schwindende Minderheit. Man könnte die Frage stellen: Warum, eigentlich, wird
eine Versammlung veranstaltet, wenn niemand überzeugt zu werden braucht?
Die Versammlung wird veranstaltet, weil Lord Beaverbrook zu sprechen liebt.
Außerdem wird morgen in allen seinen Zeitungen in langen, begeisterten Referaten
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dung), die Morning Post und noch einige einfluß-
reiche Zeitungen, von denen eine große Verbrei-
tung nur der Daily Herald hat (seine Auflage betrug
im Oktober 1931 insgesamt 1,3 Millionen Exem-
plare, obwohl der Kampf gegen die nationale Re-
gierung in der sozialistischen Zeitung durchaus
nicht glänzend geführt wurde). Über die Bedeutung
der Zeitungstruste braucht man kein Wort zu ver-
lieren. Es sei noch bemerkt, daß die Daily Mail
und der Petit Parisien die verbreitetsten Zeitungen
der Welt sind; die Reineinnahme der letzteren
betrug im Jahre 1928 etwa hundertzwanzig Millio-
nen Franken. Eigentlich wäre die richtigste Klassi-
Zhenya Gay
fikation der Menschen, hinsichtlich ihrer geistigen und seelischen Form, diejenige
nach den Zeitungspressen: homo sapiens „Daily Mail", homo sapiens „Daily
Herald" usw.
Ein großer Theatersaal, überfüllt von gut angezogenem Publikum. Der Vorhang
ist heruntergelassen. Davor, auf dem Proszenium, versucht der Leiter der Ver-
sammlung, Stimmung zu erzeugen. Er erzählt Anekdoten (nicht schlecht), teilt
letzte Neuigkeiten mit, macht dann dem Publikum den Vorschlag, vor Beginn
des Meetings einige Lieder zu singen. An verschiedenen Stellen des Saals sind
Choristen verteilt. Ein Gesang erschallt. Der Versammlungsleiter bittet um die
Erlaubnis, seinen Rock abzulegen, er nimmt einen Stock und beginnt aufgeregt zu
dirigieren. Zuerst singt man ein rührseliges Lied „John Brown", dann ein an-
deres — hier der ganze Text: „Steckt in die Tasche eure Sorgen und lächelt,
lächelt! Was hat es für einen Sinn, sich zu grämen ? Niemals hatte das einen Sinn.
Deshalb, steckt in die Tasche eure Sorgen und lächelt, lächelt, lächelt!" — Fünf
Minuten später brüllt das ganze Theater: „Smile, smile, smile!" Die Stimmung
ist da. Das ist aber dem Leiter zu wenig. Er teilt den Zuschauerraum in zwei Teile:
das Publikum der Enken Seite singt „Daisy, Daisy", das Publikum der rechten
Seite aber gleichzeitig „Tipperary". Was in musikalischer Hinsicht entsteht, kann
man sich leicht vorstellen. Aber das Ziel ist erreicht: es wird sehr lustig. Der Leiter
zieht seinen Rock an und verschwindet. Der Vorhang geht auf. Auf der Bühne
erblickt man fünf Reihen Sessel für ausgewähltes Publikum. Rechts aus der
Kulisse tritt ein mittelgroßer, hagerer Mensch mit listigem klugem Gesicht, ein
schlauer Bauernkopf. Das ist Lord Beaverbrook. Stürmische Begrüßung.
Niemand pfiff Lord Beaverbrook aus. Seine Gegner bildeten im Saal eine ver-
schwindende Minderheit. Man könnte die Frage stellen: Warum, eigentlich, wird
eine Versammlung veranstaltet, wenn niemand überzeugt zu werden braucht?
Die Versammlung wird veranstaltet, weil Lord Beaverbrook zu sprechen liebt.
Außerdem wird morgen in allen seinen Zeitungen in langen, begeisterten Referaten
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