Ebenso wie die Geschichtschreiber des nachfolgenden Jahrhunderts haben die
Zeitgenossen Beaumarchais' außer acht gelassen, daß er nicht nur Uhr- und
Geschäftemacher, Höfling und Geheimagent, Politiker und Dichter war, daß er
vor allem Hanswurst vor sich selbst und ein Lausbub erster Güte gewesen ist.
„La gaminerie est une nuance de l'esprit gaulois", erklärt Victor Hugo. Aber
im Leben dieses restlos gallischen Beaumarchais war die Lausbüberei mehr als
eine Nuance. Sie war ihm Mittel und Zweck zugleich. Er hat nie etwas ernst
genommen. Er hatte den Grundsatz, über alles zu lachen, aus Furcht, sonst
darüber weinen zu müssen. „J'etis si gai, si fou, si heureux", schreibt er und
bleibt immer, zumindest nach außen hin, guter Laune.
Er ist durch den Tod seiner Frau materiell zusammengebrochen. Jeder glaubt,
daß er den Boden unter den Füßen endgültig verloren hat. Aber ehe man sich
dessen versieht, ist Beaumarchais obenauf, aus dem erborgten Namen ist ein
vollgültiges Adelsprädikat geworden, aus dem unscheinbaren Aufseher der
Höfküchenchreiber der Generalleutnant der königlichen Jagden, aus dem Habe-
nichts, der mehr vom Mund lebt, als von der Hand in den Mund, der Liebling
des ersten Finanzgenies seiner Zeit, des Mehlgenerals Duverney. Der reiche
Mann vergilt seinem jungen Freund jede seiner Schmeicheleien mit barer Münze.
Er bekommt eine Leibrente und die Stelle eines königlichen Sekretärs, eine der
viertausend völlig überflüssigen Posten, mit welchen ipso facto der Adel ver-
bunden war. Nun hat er das Recht, sich „von Beaumarchais" zu nennen. Er reist
nach Spanien. Nachdem die Geschäfte, die er dort durchführen wollte, miß-
lungen sind, schreibt er sein berühmtes Fragment. Er hatte vorgehabt, das Mono-
pol für den Negerhandel nach den Kolonien zu erwerben. Am Schluß der langen
Ausführungen, in denen er das Geschäft dem Staate vorschlägt, steht der für
Beaumarchais typische Satz: „Verzeihung für die Längen. Ich habe nicht die
Zeit gehabt, kurz zu sein."
Für alle Geschäfte hat er ein Losungswort: „Mein Interesse bürgt für mich."
Er ist unaufhörlich auf der Hetzjagd nach Geld und Macht. Und als er nach
Paris zurückkehrt, bekommt er das Recht, die unermeßlichen Forste von Chinon
auszubeuten. Er führt den siebenjährigen Freundschaftskrieg mit Duverney, der
seinen Gönner runde viermalhunderttausend Franken kostet. Er wäre viel-
leicht überdies noch mit einem Erbteil bedacht worden, wenn er sich nicht mit
dem Neffen des Finanzmannes, dem Grafen de la Blache, so gründlich verfeindet
hätte, daß der von ihm sagte: „Ich hasse Beaumarchais so glühend, wie man sonst
nur ein Mädchen lieben kann." Gleich nach dem Tode Duverneys gibt der Graf
diesem Haß dadurch Ausdruck, daß er Beaumarchais in einen Prozeß verwickelt,
der den materiellen Zweck zwar erreicht, es aber dazu bringt, daß Beaumarchais
wie immer auf die Butterseite fällt und über Nacht berühmt wird.
Das Gerichtsverfahren der damaligen Zeit hatte, wie der Richter im Prozeß
Beaumarchais —La Blache, Herr Gözman, freimütig äußerte, erst den Menschen
und dann die Sache im Auge. Herr Gözman und seine Frau sind auf selten
La Blaches ; zwar sind sie auch von Bamauerchais bestochen, doch nicht so ausgiebig
wie von La Blache, und so kommt es, daß Beaumarchais aus Angst vor dem
Urteil an die Öffentlichkeit appelliert. Seine Aufrufe sind die ersten Raketen am
Horizont der herannahenden Revolution. Niemand glaubt, daß der berüchtigte
188
Zeitgenossen Beaumarchais' außer acht gelassen, daß er nicht nur Uhr- und
Geschäftemacher, Höfling und Geheimagent, Politiker und Dichter war, daß er
vor allem Hanswurst vor sich selbst und ein Lausbub erster Güte gewesen ist.
„La gaminerie est une nuance de l'esprit gaulois", erklärt Victor Hugo. Aber
im Leben dieses restlos gallischen Beaumarchais war die Lausbüberei mehr als
eine Nuance. Sie war ihm Mittel und Zweck zugleich. Er hat nie etwas ernst
genommen. Er hatte den Grundsatz, über alles zu lachen, aus Furcht, sonst
darüber weinen zu müssen. „J'etis si gai, si fou, si heureux", schreibt er und
bleibt immer, zumindest nach außen hin, guter Laune.
Er ist durch den Tod seiner Frau materiell zusammengebrochen. Jeder glaubt,
daß er den Boden unter den Füßen endgültig verloren hat. Aber ehe man sich
dessen versieht, ist Beaumarchais obenauf, aus dem erborgten Namen ist ein
vollgültiges Adelsprädikat geworden, aus dem unscheinbaren Aufseher der
Höfküchenchreiber der Generalleutnant der königlichen Jagden, aus dem Habe-
nichts, der mehr vom Mund lebt, als von der Hand in den Mund, der Liebling
des ersten Finanzgenies seiner Zeit, des Mehlgenerals Duverney. Der reiche
Mann vergilt seinem jungen Freund jede seiner Schmeicheleien mit barer Münze.
Er bekommt eine Leibrente und die Stelle eines königlichen Sekretärs, eine der
viertausend völlig überflüssigen Posten, mit welchen ipso facto der Adel ver-
bunden war. Nun hat er das Recht, sich „von Beaumarchais" zu nennen. Er reist
nach Spanien. Nachdem die Geschäfte, die er dort durchführen wollte, miß-
lungen sind, schreibt er sein berühmtes Fragment. Er hatte vorgehabt, das Mono-
pol für den Negerhandel nach den Kolonien zu erwerben. Am Schluß der langen
Ausführungen, in denen er das Geschäft dem Staate vorschlägt, steht der für
Beaumarchais typische Satz: „Verzeihung für die Längen. Ich habe nicht die
Zeit gehabt, kurz zu sein."
Für alle Geschäfte hat er ein Losungswort: „Mein Interesse bürgt für mich."
Er ist unaufhörlich auf der Hetzjagd nach Geld und Macht. Und als er nach
Paris zurückkehrt, bekommt er das Recht, die unermeßlichen Forste von Chinon
auszubeuten. Er führt den siebenjährigen Freundschaftskrieg mit Duverney, der
seinen Gönner runde viermalhunderttausend Franken kostet. Er wäre viel-
leicht überdies noch mit einem Erbteil bedacht worden, wenn er sich nicht mit
dem Neffen des Finanzmannes, dem Grafen de la Blache, so gründlich verfeindet
hätte, daß der von ihm sagte: „Ich hasse Beaumarchais so glühend, wie man sonst
nur ein Mädchen lieben kann." Gleich nach dem Tode Duverneys gibt der Graf
diesem Haß dadurch Ausdruck, daß er Beaumarchais in einen Prozeß verwickelt,
der den materiellen Zweck zwar erreicht, es aber dazu bringt, daß Beaumarchais
wie immer auf die Butterseite fällt und über Nacht berühmt wird.
Das Gerichtsverfahren der damaligen Zeit hatte, wie der Richter im Prozeß
Beaumarchais —La Blache, Herr Gözman, freimütig äußerte, erst den Menschen
und dann die Sache im Auge. Herr Gözman und seine Frau sind auf selten
La Blaches ; zwar sind sie auch von Bamauerchais bestochen, doch nicht so ausgiebig
wie von La Blache, und so kommt es, daß Beaumarchais aus Angst vor dem
Urteil an die Öffentlichkeit appelliert. Seine Aufrufe sind die ersten Raketen am
Horizont der herannahenden Revolution. Niemand glaubt, daß der berüchtigte
188