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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 12.1932

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Frischauer, Paul: Der Lausbub Beaumarchis
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https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0283

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Hintertreppengeher, der Geck und
Stellenjäger Beaumarchais selbst
der Autor dieser Streitschriften
gewesen sein könne. Jean-Jacques
Rousseau, um sein Urteil befragt,
meint ernst: „So kann man nur
seine eigene Sache vertreten!"
Beaumarchais heiter:„Wenn meine
Gegner nicht glauben, daß die
Memoiren von mir sind, warum
bestellen sie nicht ähnliche bei
demselben Schreiber für sich?"
Er hat die Lacher auf seiner
Seite, der Graf den Erfolg. Beau-
marchais verliert den Prozeß und
wird bläme. Er rechtfertigt als
öffentlich Infamer den Ausspruch
seines Königs: „Kein anständiger
Mensch kann es an meinem Hof
aushalten" und etabliert sich als
tätiger Höfling. Er läßt sich den
Auftrag erteilen, in London das
Erscheinen von Pamphleten gegen
die Dubarry zu verhindern. Nur
er mit seiner „eloquence du mo-
ment" könne den Erpresser Mo-
rand beeinflussen, der sich an
der Themse angesiedelt hat und


Serge

— Rastelli ist nicht mehr . . .
ach, ich arbeite ohne Ehrgeiz !

von dort Titelblätter, die künftig zu schreibenden Pamphleten vorangestellt
werden sollen, nach Paris schickt, um sich das Nichterscheinen abkaufen zu
lassen; nur er ihn bestimmen, die Memoiren gegen die Dubarry unter
dem Preis nicht zu schreiben. Als Beaumarchais dem Staatsminister, der ihn nicht
persönlich kennt, unter einem Decknamen darüber Bericht erstattet, erklärt
d'Aiguillon, bestochen von seiner Art zu sprechen: „Entweder Sie sind der
Teufel oder Beaumarchais in eigener Person!"
Indessen stirbt Ludwig XV., und Beaumarchais ist wieder auf dem trockenen.
Da sieht man ihn schon auf der Reise nach Wien, in seinem Portefeuille ein
Titelblatt aus der Fabrik Morands: „Das Liebesleben der Marie Antoinette",
das er sich abkaufen lassen will. Freilich verfährt er nicht nach der plumpen
Erpresserart Morands, mit dem er zweifellos unter einer Decke steckt. Er kommt
als königlicher Abgesandter, mit einer Vollmacht des Polizeiministers von
Sartines an den Hof der Kaiserin, unter dem Vorwand, daß man dieses abscheu-
liche Pamphlet der sittlichen jungen Marie Antoinette nicht einmal zeigen dürfe,
und daß daher ihre Mutter Maria Theresia das Geld dazu beisteuern möge, es
zu unterdrücken. Der Coup, den Beaumarchais in Szene setzt, gelingt nicht ganz.
Er kommt zwar an den Hof der Kaiserin, nicht ohne daß er, unter fremdem

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