mit sich niederzureißen, ibn,
den Grundstein des Heiligtums.
Aber wir wollen nun auch den
Pessimismus nicht übertreiben,
wie zuvor den Optimismus: Der
Kapitalismus wankt, aber er
steht, hält sich aufrecht. Nur
eines ist unwiederbringlich ver-
loren: der Glaube an dieses
Amerika, die Vorstellung, daß
die amerikanischen Formeln
unsere alte Welt erneuern kön-
nen, daß diese überhaupt noch
zu retten ist.
Ich will hier nicht die Krise
zu schildern unternehmen. Ich
will nur drei oder vier ihrer
Grundzüge untersuchen. Was
lehren uns die ?
Die Ursache der Krise ist
die Überproduktion. Detroit
vermag jährlich sieben Millio-
nen Automobile zu erzeugen,
kann nur ungefähr die Hälfte
— Papi, sei kein Träumer !
Der angeblich „unerschöpfliche innere Markt"
davon aufnehmen. Von den 100000 Arbeitern
Fords sind darum gegenwärtig nur 10000 beschäftigt. In Philadelphia und anders-
wo ist man auf die Herstellung von 15 Millionen Radio-Empfängern eingestellt —
der Absatz beträgt drei Millionen. Und ähnlich ist es überall. Ich rede nicht von
den besonderen Folgen, von der erbitterten Konkurrenz, dem idiotischen Aus-
maß der Reklame, dieser aufregendsten aller Verschwendungen, nicht von dem
überspannten Käuferkredit, der den vielbeneideten Lebensstandard nur als
künstlich erscheinen läßt. Nicht weniger hohl war, wie man jetzt merkt, ein
guter Teil der ganzen Steigerung des Nationaleinkommens.
Doch nicht die Papiere allein, auch die städtischen Grundstücke stiegen auf
eine Höhe, die sich der Europäer nicht vorzustellen vermag, und dies geschah so
schnell, daß die Makler geradezu in Einem kauften und wiederverkauften. Man
erwarb irgendeine günstig gelegene Parzelle mit minderwertigen Gebäuden aus
dem schrecklichen neunzehnten Jahrhundert Amerikas. Wollte man vielleicht
eines der schönen neuen Bauwerke darauf errichten, das Grundstück so zu einem
Maximum an Schönheit, Genuß und Nützlichkeit steigern ? 0 nein, man ließ
vielmehr die alten Häuser noch ein wenig verfallen, um dann, nach zehn Jahren
oder auch nur drei Monaten, das Doppelte des Kaufpreises einzustreichen. Das
ist ein Grund, warum die amerikanischen Städte so häßlich sind, so peinlich in
ihrem Nebeneinander von ungeheuren Wolkenkratzern und den Tausenden
schmutziger und mittelmäßiger Baracken zu ihren Füßen.
Spekulation ist Inflation. Vielleicht rettet jetzt die Allgemeinheit des Übels
Amerika und die ganze Welt. Schon nach dem Oktoberkrach von 1929 war,
so hieß es, das ganze Bankensystem binnen einigen Stunden „zahlungsunfähig".
Alle Einleger und Kommittenten in USA hätten also ihre Forderungen nicht
mehr einziehen, ihre Schulden nicht mehr zahlen können. Nun, bei solchem
Umfang hat das alles eben nichts zu bedeuten. Bankerott können wohl einzelne
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den Grundstein des Heiligtums.
Aber wir wollen nun auch den
Pessimismus nicht übertreiben,
wie zuvor den Optimismus: Der
Kapitalismus wankt, aber er
steht, hält sich aufrecht. Nur
eines ist unwiederbringlich ver-
loren: der Glaube an dieses
Amerika, die Vorstellung, daß
die amerikanischen Formeln
unsere alte Welt erneuern kön-
nen, daß diese überhaupt noch
zu retten ist.
Ich will hier nicht die Krise
zu schildern unternehmen. Ich
will nur drei oder vier ihrer
Grundzüge untersuchen. Was
lehren uns die ?
Die Ursache der Krise ist
die Überproduktion. Detroit
vermag jährlich sieben Millio-
nen Automobile zu erzeugen,
kann nur ungefähr die Hälfte
— Papi, sei kein Träumer !
Der angeblich „unerschöpfliche innere Markt"
davon aufnehmen. Von den 100000 Arbeitern
Fords sind darum gegenwärtig nur 10000 beschäftigt. In Philadelphia und anders-
wo ist man auf die Herstellung von 15 Millionen Radio-Empfängern eingestellt —
der Absatz beträgt drei Millionen. Und ähnlich ist es überall. Ich rede nicht von
den besonderen Folgen, von der erbitterten Konkurrenz, dem idiotischen Aus-
maß der Reklame, dieser aufregendsten aller Verschwendungen, nicht von dem
überspannten Käuferkredit, der den vielbeneideten Lebensstandard nur als
künstlich erscheinen läßt. Nicht weniger hohl war, wie man jetzt merkt, ein
guter Teil der ganzen Steigerung des Nationaleinkommens.
Doch nicht die Papiere allein, auch die städtischen Grundstücke stiegen auf
eine Höhe, die sich der Europäer nicht vorzustellen vermag, und dies geschah so
schnell, daß die Makler geradezu in Einem kauften und wiederverkauften. Man
erwarb irgendeine günstig gelegene Parzelle mit minderwertigen Gebäuden aus
dem schrecklichen neunzehnten Jahrhundert Amerikas. Wollte man vielleicht
eines der schönen neuen Bauwerke darauf errichten, das Grundstück so zu einem
Maximum an Schönheit, Genuß und Nützlichkeit steigern ? 0 nein, man ließ
vielmehr die alten Häuser noch ein wenig verfallen, um dann, nach zehn Jahren
oder auch nur drei Monaten, das Doppelte des Kaufpreises einzustreichen. Das
ist ein Grund, warum die amerikanischen Städte so häßlich sind, so peinlich in
ihrem Nebeneinander von ungeheuren Wolkenkratzern und den Tausenden
schmutziger und mittelmäßiger Baracken zu ihren Füßen.
Spekulation ist Inflation. Vielleicht rettet jetzt die Allgemeinheit des Übels
Amerika und die ganze Welt. Schon nach dem Oktoberkrach von 1929 war,
so hieß es, das ganze Bankensystem binnen einigen Stunden „zahlungsunfähig".
Alle Einleger und Kommittenten in USA hätten also ihre Forderungen nicht
mehr einziehen, ihre Schulden nicht mehr zahlen können. Nun, bei solchem
Umfang hat das alles eben nichts zu bedeuten. Bankerott können wohl einzelne
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