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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 12.1932

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Marginalien
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https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0976

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MARGINALIEN
Schulmädchen zeichnen die Zeit
%u^ 3e^nminuten^uffä^en btei#^jä§tiget Wiener ^0u(mäbd)eit
aitr allen Greifen unb ^onfeffionen
Gerti:
WaD mich am meifteu in ber Weit häuft, ift bie Uneinigkeit unter ben Weitfdjeu. Oa^ heißt,
baß fie fid)in fo viel Parteien fpkitterit unb gan& auberer Meinung finb. Wd, ärger ift, baß e^
Witte unb Reiche gibt, unb nidjt alle Wenfdjen gleich niet haben. Oarum ift ^rieg unb barum
wirb fidjer noch einmal ein feßr großer ^rieg kommen, $erfönkidj brädt e^ midj, baß bie (großen
fagen, mir haben mehr Erfahrung unb verfielen ade^ beffer. Wir können uuß nidjt auf bie ^r^
fäßrnugen ber ^rmadjfenen Trieben geben. Ober wenn Diele Leitte ba fein unb plö^lidj fällt e^
einem ein, baff audj ein ^inb ba ift unb fie fagen: adj, mödjteft bu mir ein &la^ Raffer holen.
Mausy:
Oa^ Orüdenbfte mir ift ber ^rieg. Odjon uufdjulbige kleine ^inber ftreiten fidj. Wdj Wib,
. fürchte id,, bekommt man fdjon mit auf bie Welt, unb natürlich madjfen bie (Gefühle mit bem
Wer. W^ bem Streiten ber kleinen ^inber wirb ber ^rieg smifdjen ben Völkern.
Lily:
Oie ^rmadjfenen verfielen un^ ^inber nidjt, unb bie ^inber miffen nidjt, ma^ bie &rmadjfenen
wollen. Oie ^inber trogen, wenn Eltern f^impfen. Oann fagt Vater: „Warum fcßanft
bu fo an^, al^ hätte idj etma^ Vöfe^ gejagt. 3b§will bir ja nur &ute^." Wer ba^ ^iub meint bod,.
Win Vater kommt mittags immer aufgeregt itadj fyaufe unb bann sankt er mit mir. „Wer
Vater", fage idj, „idj kamt bod, nichts bafür, baß bie £eute im Wut fo fdjledjt finb %u bir." Oie
Wutti verfteht midj beffer. Weitit man ein nene^ Meib haben mödjte, fagt Warna immer nur:
„W gut." — „Oer Vater mirb e^ aber nicht erlauben", fage id,. „O ja", fagt bie liebe Wutter,
„idj merb'^ ihm fdjon au^bettekn."
Käthe:
Obwohl mir nichts abgebt, finbe idj e^ bodj redjt fdjmerslidj, baß meine Warna fo niet bei
fid, felbft abfpart, um mir ^reube 31t bereiten. Oft kauft fie mir fogar Oinge, bie id, gar nid,t
brauche, obwohl fie felbft Wtwenbige^ entbehrt, nur um mir alle^ redjt angenehm su machen.
Oie madjt and, alle Arbeit im föau^alt felbft, obwohl fie nidjt befonber^ gefunb ift. 3<h) märe froh,
menn fid, bie Verßältuiffe bißdjen befferten, bamit biefe borgen meiner Wutter abgenommen
mürben.
Lotte:
3d, bin traurig, wenn id, im marmeit ^laffetymmer fi^e unb einige Wäbdjen ben Unterricht
ftören, fo baff nidjt Weitergegangen werben kann. Oa muß idj an gleichaltrige Wäbdjen benken,
bie fdjon im Wtag^leben ftehen unb fdjon al^ Verkäuferin ober Lehrling fid ) von morgens bi^
fpät abenb^ fdjinben. 3d, kenne viele Wäbdjen, bie nicht mehr in bie Odjule gehen. Leiber and,
foldje, bie gar keinen Veruf haben, unb bereit Eltern nur von ber Wbeit^ofenunterftübung leben.
Vei einigen meiner Bekannten finb fogar noch fünf &efdjmifter su £>anfe. 3ch begreife meine
Witfdjülerinnen nicht, menn fie nidjt ernft arbeiten molken. ^Baljrfdjeinlidj haben fie keine Ahnung
von bem &lenb ber anbereit.
Ellinor:
Wich kränkt bie 9?ot ber Wbeit^lofeit. Lohnen in fdjled,teit Wohnungen unb können fid,
nichts leiften, bett ^inbern kein Vergnügen bieten. Oaburdj, baß jeßt fo viele £eute abgebaut

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