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Rave, Paul Ortwin; Watteau, Antoine [Ill.]
Antoine Watteau - Das Ladenschild des Kunsthändlers Gersaint — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 24: Stuttgart: Reclam-Verlag, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.62593#0042
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men, nahm er viel dickflüssiges öl in seinen Pinsel, da-
mit die Farbe sich leichter verteilte. Man muß einräu-
men, daß manche von seinen Bildern dadurch immer
mehr verderben, daß sie die Farbe weitgehend verändert
haben oder daß sie rettungslos verschmutzen. Die Bilder
aber, die nicht an diesen Mängeln kranken, sind bewun-
dernswürdig und werden sich stets in den ganz großen
Sammlungen behaupten.
Was seine Zeichnungen betrifft, wenn sie aus einer
guten Zeit stammen, das heißt seit er bei Crozat war, so
gibt es in diesem Bereich kaum etwas, das sie überträfe.
Sie zeigen soviel Feinheit, Anmut, Zartheit, Genauig-
keit, Ungezwungenheit und Ausdruck, daß nichts zu
wünschen übrigbleibt. Watteau wird stets als einer der
größten und besten Zeichner gelten, die Frankreich her-
vorgebracht hat.


y4«5 dem Watteau-Kapitel des Werkes von Edmond und Jules
de Goncourt, Die Kunst des 18. Jahrhunderts, 1874, in der
Übertragung von Marie Edecke, Leipzig 1908.
Der große Dichter des 18. Jahrhunderts ist Watteau.
Eine vollständige Schöpfung traumhafter Poesie, aus sei-
nem Geist geboren, füllt sein Werk mit der eleganten
Leichtigkeit eines übernatürlichen Lebens. Aus seiner
Phantasie, seiner künstlerischen Eigenart, seinem ganz
neuen Genius steigt eine Märchenwelt, nein, steigen tau-
send Märchenwelten auf. Der Maler hat den zauberhaf-
ten Visionen seiner Einbildung eine ideale Welt entlockt
und hoch über seiner Zeit eins jener Shakespearischen
Königreiche, jener leuchtenden, liebeatmenden Länder,
jener galanten Paradiese aufgebaut, die weltenliebende
Geister auf Wolken des Traumes erstehen lassen, zur
Freude und Wonne poetischer Menschen.
Watteau hat die Anmut erneut. Die Anmut ist bei
Watteau nicht mehr die antike Anmut, nicht mehr der
strenge unveränderliche Reiz, die marmorne Vollendung
einer Galathea oder der rein bildnerische Zauber und

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