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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Editor]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (1. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Zur Einführung in die Geschichte des Klosters
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Beyerle, Konrad: Zur Einführung in die Geschichte des Klosters, 1, Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724-1427)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61010#0112
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Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724—1427)

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seinem Bischofsitz Basel zurückgekehrt, über-
dachte Heito im Herbst oder Winter 816 die
einzelnen Punkte des Reformprogramms noch-
mals und versah sie mit äbtlichen Anordnungen.
So entstand ein Sendschreiben eines unbenannten
Abtes an seinen gleichfalls unbenannten Kon-
vent. Diese sog. Murbacher Statuten,
lange wegen ihrer handschriftlichen Überliefe-
rung dem Kloster Murbach zugeschrieben, stel-
len in Wahrheit die bedeutendste
Äußerung eines Reichenau er Abtes
aus der Blütezeit des Klosters über
das innere Klosterleben dar und sind eines der
schönsten Ruhmesblätter des benediktinischen
Geistes, der damals Abt und Konvent beseelte.
Heitos Gedanken atmen Ernst und Milde, Um-
sicht und bewußte Würde, Ergebung an den
Kaiser und Einordnung in den Reformplan, aber
doch Wahrung der Freiheit im einzelnen und
hohe Achtung vor seinen Mitbrüdern auf der
Insel, die er alle mit väterlicher Liebe umfängt.
Da einzelne der Aachener Vorschriften auf der
Ordensregel selbst beruhten, andere nur auswärts
hochgekommenen Klosterbrauch zu allgemeiner
Einführung bringen wollten, ergab sich für Heito
die Möglichkeit, auch anders geartete Übung sei-
nes Klosters, wo sie ihm rechtschaffen schien,
aufrechtzuhalten.
Die Aachener Versammlung verlangte von den
Äbten, sie sollten nach ihrer Heimkehr mit ihren
Konventen die Ordensregel im einzelnen durch-
sprechen und für ihre Erfüllung sorgen. Das sei,
so sagt Heito, von ihm in seinem Kloster be-
reits gründlich geschehen; indes müsse das ganze
Leben des Ordensmannes eine Erfüllung der
Regel sein, durch Verwirklichung der Gelübde
wie durch Abbüßung der Fehler. Nach Mög-
lichkeit sei die Regel auswendig zu lernen, so
hieß es weiter. Um seinen Mönchen nicht zuviel
zuzumuten, ließ Heito diejenigen Mönche in ein
Verzeichnis eintragen, denen er das Auswendig-

lernen der ganzen Regel befahl; es seien ihrer
schon 36. Eine zweite, ebenfalls namentlich von
ihm bestimmte Gruppe sollte wenigstens 10 vom
Abt ausgewählte Kapitel auswendig lernen; alle
übrigen Brüder sollten im Kapitel aufmerksam
der Lesung folgen und sie in ihren Taten er-
füllen. Für die Erkenntnis des Schulbetriebs auf
der Insel höchst wertvolle Schulanweisungen
knüpft Heito an diese Vorschrift über das Me-
morieren der Regel. Damit es nicht beim Aus-
wendiglernen bleibe, sollten die Lehrmeister auf
der Insel die einzelnen Kapitel den Jüngern des
hl. Benedikt erläutern. Wenn die Äbte in Aachen
ferner vorschrieben, die Tagzeiten sollten nach
dem Benefizium des hl. Benedikt gehalten wer-
den, so bezeugt Heito für sein Kloster aus
frühester Jugend die durchgehende Beobachtung
dieser Vorschrift. Den Äbten wurde das ge-
meinsame Leben mit den Mönchen anbefohlen,
bei Speise und Trank, bei Tag und Nacht. Hier-
gegen beruft sich Heito auf die Vollmachten,
welche die Ordensregel dem Abte gibt, zu deren
Nachteil er keine neue Vorschrift annehmen
möchte. Welch gefestigter Charakter spricht aus
ihm, wenn er meint: ob em Abt seine Lebens-
weise in Gemeinsamkeit oder in Zurückgezogen-
heit einrichte, bösen Zungen könne er dabei so
wenig wie der Erlöser und sein Vorläufer ent-
gehen ; wie er oft genug mit den Mönchen den
Tisch geteilt und dabei den Lockungen des Gau-
mens mit Maß nachgegeben habe, so wünsche
er, auch in Zukunft seine Lebensweise schlicht
und recht fortzusetzen. Eine weitere Vorschrift
befahl den Brüdern die Handarbeit in Küche
und Bäckerei, in Werkstätte und im Waschhaus.
Dazu Heito: die Anordnung über das Waschen
entspreche alter Gewohnheit im Kloster, soweit
nicht Alte und Kranke durch den Propst Dis-
pens erhalten. Getreu einer früheren Anordnung
Heitos, sollten die Mönche Schuhe und Klei-
der, soweit sie dazu imstande, selbst anfertigen;
 
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