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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Klemm, Alfred: Aberlin Tretsch, Herzog Chrstophs von Württemberg Baumeister
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0043

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Alfred Klemm: Aberlin Tretsch etc.

29

Unseres Tretsch’s Wiege indess könnte trotz des uns etwas fremdartig
anmuthenden Namens nicht wohl in Bayern gestanden sein. Seine mit Vor-
liebe in kräftigen, specifisch schwäbischen Sprüchen sich ergehende Redeweise
zeugt laut dafür, dass wir seine Geburtsstätte entweder geradezu an der
Stätte seines späteren Wirkens, in Stuttgart — das scheint mir das Wahr-
scheinlichste 2) — oder jedenfalls nicht allzufern davon, allenfalls in einer der
schwäbischen Reichsstädte zu suchen haben. An letzteres zu denken, gäbe
etwa der Umstand Anlass, dass Tretsch schon in früher Jugend mit der Lehre
des Evangeliums muss bekannt geworden sein. Ein Ausländer nichtdeutschen
Stammes ist er, der abgesagte Feind der Welschen, jedenfalls nicht gewesen.
Ich glaube annehmen zu sollen, er möchte so ums Jahr 1510 geboren
sein als Sprosse eines ehrsamen deutschen Bürgerhauses. Ueber seine jugend-
liche Ausbildung erfahren wir nur so viel einmal, dass er sagt: »Ich habe
solche Verrätherei und Morderei nie gesehen, auch solches in der Schul nit
gelernt, meine Schulmeister haben mich auch solches nit gelert, sondern die
Schrift, darin man Weisheit lernt und Got findet. So sich ich aber wohl, es
ist noch eine Schul, darin man alle Arglistigkeit lernt und den lebendigen
Teufel findet.« Seine Erziehung im evangelischen Glauben geht auch noch
aus zahlreichen andern Aeusserungen hervor. Später hatte Tretsch Reisen
gemacht und »seine Kunst in weyten Landen geholt und gesucht.« Welsche
Sprache verstand er aber nicht.
Wir finden ihn darauf des weiteren, so weit er überhaupt selbst einen
Einblick in seine Vergangenheit uns gestattet, seit 1537 thätig im fürstlichen
Dienste, willig seinem Herrn dienend, »wie ein armer unterthan und leibeigen
Mann seinem gnädigen Fürsten und Hern ze thund billig schuldig ist«, damit
»um seinen fürstlichen Herrn wohl eine Herrenpfründ verdienend«. Es scheint
nach allem zweifellos, dass er seit jener Zeit bereits in bauleitender Stellung
seinem Herrn, damals also zunächst dem Herzog Ulrich, diente. Da gerade
mit dem Jahr 1537 die drei Namen der Baumeister vom Tübinger Schloss,
des Heinz v. Lütter, des Balthasar von Darmstadt und des Hieronymus Latz,
aus der Geschichte verschwinden, so könnte man vermuthen, dort in Tübingen
habe Tretsch sein selbständiges Wirken begonnen. Man möchte dafür das
etwa geltend machen wollen, dass die Gapitelle an dem älteren Portal der
alten Ganzlei nach Lübke an die (von 1538 datirten) des Tübinger Schlosses
erinnern, also eine Brücke von Tübingen nach Stuttgart, der spätem Stätte von
Tretsch’s Wirken, bilden würden. Allein diese alte Ganzlei (mit Gewölbe im
Thurm 1547) wurde nach Archivacten (deren Nachweis ich, wie den der meisten
bei den Quellen genannten der Güte von Herrn Archivsecretär Dr. Schneider
verdanke) von der Rentkammer, nachdem schon 1537 die Nothwendigkeit des
Baues eingesehen war, 1542 — 44 um 3—4000 Gulden (aus Steinen der ab-
gebrochenen Heslacher Wallfahrtskirche) erbaut nach Rissen und Ueberschlägen
von Martin Vogel, Simon Werkmeister und dem Gruwer (s. meine »Bau-

*) Dafür spricht die wohl als Jugenderinnerung anzusehende Erwähnung der
Hinrichtung des Hofdiebs Rinkher um 1517 (s. u.).
 
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