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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Leitschuh, Franz Friedrich: Die Bambergische Halsgerichtsordnung: Ein Beitrag zur Geschichte der Bücherillustrationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0074

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Franz Friedrich Leitschuh;

will. In diesem Sinne soll die nachstehende Studie einen kleinen Beitrag zur
Geschichte der Bücherillustration liefern.
Der Reorganisator des Bambergischen Rechtes ist bekanntlich Hans
Freiherr von Schwarzenberg. Unter seiner Aegide und seiner Redaction ent-
stand die Bambergische Halsgerichtsordnung, welche im Jahre 1507 unter dem
klugen und humanen Bischof Georg III. Gesetz in den Bambergischen Landen
wurde. Aber bald übte dieses Werk seinen Einfluss weit über die Grenzen
des Bambergischen Gebietes aus — im Brandenburgischen und in anderen
Landen wurde es geltendes Gesetz, bis es endlich die Grundlage jenes späteren
Gesetzentwurfes bildete, welcher 1532 unter dem Namen Carolina auf dem
Reichstage in Regensburg als peinliche Gerichtsordnung Anerkennung fand.
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, das Wesen der Bambergensis hier
zu beleuchten, wohl aber mag es am Platze sein, den einzelnen Ausgaben
derselben vom kunstgeschichtlichen und bibliographischen Standpunkte aus das
Augenmerk zuzuwenden.
Die erste Ausgabe führt folgenden Titel:
23ambergifdie T)al§geriditsorbenug.
Am Ende:
llnb ift die alfo anfi urtferm beneide, jn unfer Stat Bamberg, | burd?
unfern Bürger, Ejannfen Pfeyll bafelbft gebrucft, unb / in folgern brud
volenbef, am Sambffag rrad? fanbf Deyis tag / Elad? (Trifft onfers lieben
Herren gepurt funffsefjenljunberf unb / jm fibenben jare.
Unter dem Titel befindet sich ein Holzschnitt mit den verschiedensten Tortur-
werkzeugen, dann dem Galgen, Rad und Schwert, sowie dem brennenden
Holzstoss. Die Rückseite des ersten Blattes nimmt das Familienwappen des
Bamberger Bischofs Georg Schenk von Limburg ein1). Auf den folgenden
\) Herr Muther bespricht in seiner »Deutschen Bücherillustration der Gothik
und Frührennaissance« (München 1884) einen »Titelholzschnitt« des Pfeyl’schen
Werkes mit folgenden Worten: »Der Titelholzschnitt zeigt rechts die Richter in
ihrem Versammlungszimmer, links in einer Landschaft wird ein Mann hingerichtet,
dahinter werden drei andere, die an einen Baum gebunden sind, gestäubt.« Auffallender-
weise findet sich dieser Holzschnitt in den vier mir vorliegenden Exemplaren der
ersten Ausgabe nicht. Es schien also, als ob Herr Muther eine ganz neue Entdeckung
gemacht habe. Zu dieser Vermuthung musste auch die weitere Beschreibung der
Pfeyl’schen Ausgabe Anlass geben: »Hinter dem Register folgt die Darstellung ver-
schiedener Marterinstrumente u. s. w.; dann auf der Rückseite das von zwei Löwen
gehaltene Familienwappen des Bischofs Georg Schenk, Freiherrn von Limburg.« Ferner
war mir gänzlich neu, dass »viele Holzschnitte des Werkes aus zwei Platten zu-
sammengesetzt sind«. Ich bedauere nun aufrichtig, dass meine Freude über die
Muther’sche Entdeckung anderen Gefühlen Raum gewähren musste, als ich die
Beschreibung einer näheren Betrachtung unterzog. Herr Muther hat nämlich eine
Phantasieausgabe der Halsgerichtsordnung construirt! Jener Titelholzschnitt, den
er der Pfeyl’schen Ausgabe imputirt, befindet sich nämlich in der VI. Ausgabe der
Halsgerichtsordnung, die 1531 von Johann Schöffer in Mainz gedruckt wurde. In
dieser VI. Ausgabe finden sich nun allerdings auch die aus zwei Platten zusammen-
gesetzten Holzschnitte — der Titelholzschnitt selbst ist ein Beweis dafür. Aber von
 
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