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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0115

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Litteraturbericht.

101

Moritz von Schwind’s Wandgemälde im Schloss Hohenschwangau.
Sechsundvierzig Gompositionen nach den Aquarellentwürfen in Kupfer ge-
stochen von Julius Naue und Hermann Walde. Mit erläuterndem Text.
Leipzig, Verlag von Alphons Dürr, 1885.
In den »Gesammelten Studien zur Kunstgeschichte«, welche die Schüler
Springer’s ihrem Lehrer und Meister als Festgabe darbrachten, hat Dr. A.Dürr
unter dem Titel »Ein halbvergessenes Werk von Schwind« die Aufmerksam-
keit auf dessen Entwürfe für die Fresken des Schlosses Hohenschwangau hin-
gelenkt. Nun liegt als kostbare Gabe eine Publication derselben vor. Die
Aquarellentwürfe waren schon zu Lebzeiten Schwind’s verschollen, gerettet
sind nur die Durchzeichnungen, welche Schwind’s Schüler, Julius Naue, von
den durch Schwind eigenhändig von den Aquarellen genommenen Pausen ge-
macht hatte. Der einleitende Text, den wir wohl sicher Dr. Dürr verdanken,
unterrichtet in genügender Weise über die Geschichte dieses Gyclus, über
die künstlerische Bedeutung desselben, über seine stofflichen Vorwürfe.
Hier bleibt nur zu sagen, dass diese Aquarellentwürfe eine ganze und volle
Offenbarung des Schwind’schen Genius gewesen sein müssen. Der wunder-
same Wohllaut der Linien, der Schwind eigen, spricht in voller Klarheit und
Kraft aus diesen Stichen zu uns; die Darstellungen zur Renaldo- und Armida-
Episode aus Tasso’s Befreitem Jerusalem (Taf. 9—14) sind dafür die voll-
gültigsten Beweise. Hier auch die ganze Kraft seiner Phantasie, die uns so
widerstandslos in seinem Märchenreich heimisch zu machen vermag. In dem
Gyclus von der Geburt Karls des Grossen (Taf. 19—23) tritt uns dieser Märchen-
zauber gepaart mit aller Kraft und Tiefe der Empfindung entgegen. Die Wald-
wildniss-Idylle auf Taf. 19 ist von so elementarer Naturlyrik erfüllt, wie nur ein
Gedicht Eichendorff’s. Dann der Jagdzug Pipin’s (auf Taf. 20), das Zusammentreffen
Pipin’s mit Bertha und die Hauptszenen der herrlichen Liebesidylle (auf Taf. 21),
endlich der lustige Einzug auf Taf. 22, in welchem das im Walde geborne
Knäblein Karl den Mittelpunkt bildet! Äusser diesen beiden Gyclen behandeln
noch dreizehn Gompositionen die Wilkina-Sage (Taf. 1—8), fünf die Braut-
werbung des Langobardenkönigs Antharis (Taf. 15 —18), sieben (Taf. 24—27)
geben Darstellungen aus dem Ritterleben im Mittelalter und zwei (nicht zur
Ausführung als Wandgemälde gekommene) führen Motive, die aus der Edda
geschöpft sind, vor. Die Stiche von Naue und Walde geben den Wohllaut der
Linien, die Kraft und wieder die Zartheit der Schwindischen Zeichnung ohne
Abbruch wieder.
Die städtische Gemäldegalerie in Hartem. — Die Gemälde des
königl. Museums im Haag. — Neue Photographiewerke von Ad. Braun
& Cie., Dörnach i. E. & Paris 1885.
Im Jahre 1875 wurde die Galerie im Haag durch die Firma Braun
veröffentlicht. Sie stellte damals die höchste Leistung photographischer Re-
production dar. Jetzt ist die erste Lieferung der neuen Ausgabe erschienen und
wenn wir nun einen Vergleich ziehen, so staunen wir, in welchem Grade die
Machtsphäre der photographischen Technik erweitert wurde. Rembrandt’s
Simeon im Tempel und seine Anatomie bringen diesen Fortschritt am klarsten
 
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