Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

DOI article:
Leitschuh, Franz Friedrich: Die Bambergische Halsgerichtsordnung: Ein Beitrag zur Geschichte der Bücherillustration
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0200

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
170

Franz Friedrich Leitschuh:

gestellt. Nach Art. 16 finden wir ebenfalls einen aus zwei Stöcken zusammen-
gesetzten Holzschnitt: beide sind von der Livius-Ausgabe herübergenommen.
Der eine Livius-Holzschnitt ist nun allerdings nicht glücklich ausgewählt: die
Darstellung eines Mannes, der von zwei Schergen zum Gefängniss geleitet wird,
kann schwerlich als Versinnbildlichung der Worte gelten:
„Derr Hinter lafjt mir neme an
«Einen fdjabfyafffigen man."
Nach Art. 25 folgt die Darstellung des üppigen Mahles: man könnte sie viel-
leicht Gopie von der Gegenseite nennen. Der nächste Holzschnitt, die peinliche
Frage, ist viel fleissiger gearbeitet, als das Original. Während sich der Holz-
schneider dort mit der Angabe der schlichtesten Conturen begnügte, ist hier
die Darstellung bis in’s Kleinste mit gewissenhaftester Sorgfalt ausgeführt. Ganz
abweichend vom Original der Bamberger Ausgabe ist der Holzschnitt nach
Art. 73. Die nothwendige Sparsamkeit mit dem Raume hat den Künstler ver-
anlasst, den Schreiber und Schöffen zur Seite des Richters links im Kreise
auf einer Bank sitzend, und die Zeugen rechts stehend darzustellen. Der
folgende Holzschnitt ist wieder aus zwei Stöcken zusammengesetzt: dem be-
reits erwähnten Richter der Livius-Ausgabe und einem Manne, der in vor-
nehmer Tracht, mit Barett und Degen, um Ansetzung des Gerichtstages bittet.
Die Abbildung nach Art. 94 weicht ebenfalls vom Originale ab. Sie besteht
aus drei Platten: eine umfasst die Spruchzettel, die zweite soll die Richter
darstellen und ist der Livius-Uebersetzung entnommen; die dritte bringt den
durch drei Schergen vorgeführten Verbrecher. Nach Art. 123 folgt der letzte
Gang des Verbrechers. Die Idee der Darstellung in der ersten Ausgabe ist
zwar beibehalten, aber die Ausführung hat sich unter den Händen des Mainzer
Künstlers sehr wesentlich anders gestaltet. Hier eröffnet die Jugend den trau-
rigen Zug; der Büttel schreitet dem Verurtheilten mit erhobenem Stabe voran,
der Richter begleitet ihn zu Pferde. Nach Art. 124 hat der Titelholzschnitt
wieder Verwendung gefunden. Der Holzschnitt auf der nächsten Seite besteht
wieder aus zwei Stöcken: auf dem linken, der aus der Anleihe an die Livius-
Uebersetzung herstammt, walten die Henker ihres Amtes, auf dem rechten,
der in Erinnerung an die Bamberger Ausgabe geschnitten ist, kniet der betende
Mönch; neben ihm sind zwei Richter, einer zu Pferd, dargestellt. Im Hinter-
gründe sehen wir einen Gehenkten und einen Verbrecher auf dem Rade. Der
nächste Holzschnitt, nach Art. 228, ist wiederum anders ausgeführt, als in der
ersten Ausgabe. In einem Zimmer mit vier Fenstern liegt der Ermordete auf
der Bahre. In seiner Brust steckt noch der Dolch des Mörders; Blut rinnt
aus der Wunde. Die Darstellung nach Art. 249 ist ebenfalls eine freie Nach-
ahmung des Bamberger Holzschnittes. Der Mann, welcher mit grimmiger Miene
seine Gerichtskosten zu begleichen wünscht, lehnt sich, dem bärtigen Richter
gegenüber, an den Tisch. Die Aufnahme des Besitzthumes des entflohenen
Verbrechers ist zwar unter gewissenhafter Benützung des Originals dargestellt,
aber reich mit kleinen, charakteristischen Zuthaten versehen. Auffallend ist
eine feiste Gestalt im Vordergründe. Nach Art. 266 sehen wir das entwendete,
aber wieder gefundene Pferd. Der Richter aus der Livius-Ausgabe begegnet
 
Annotationen