Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

DOI Artikel:
Bode, Wilhelm von: Rembrandt´s Radierungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0308
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
264

Dr. Sträter und W. Bode:

grössten Blätter nach Entwürfen und unter der Aufsicht Rembrandt’s
von Schülern ausgeführt und nur vom Meister schliesslich überarbeitet
wurden. Diese Frage darf man wohl bejahen, und zwar gerade für
eine Reihe der grössten und berühmtesten Radirungen: die Abnahme
vom Kreuz, den Christus vor Pilatus, den barmherzigen Samariter, den
Goldwäger u. a. Als die Blätter entstanden (meist 1633—1636), wohnte
Rembrandt allerdings schon in der Breedstraat und hatte zahlreiche
tüchtige junge Leute als Schüler im Hause, deren Thätigkeit er bei
seinen Werken mit verwenden konnte und gewiss auch mit verwendet
hat. Wir haben ein interessantes Beweisstück dafür auch unter den
Gemälden Rembrandt’s: eine in der Pinakothek zu München aufbe-
wahrte freie Wiederholung von Isaaks Opfer, in der Eremitage (1635)
trägt die Bezeichnung »Rembrandt verändert en overgeschildert 1636«.
Aehnliches dürfen wir also auch von vornherein für seine Radirungen
erwarten. Wenn wir nun noch den Umfang mehrerer dieser Blätter,
ihre grosse Durchführung, die ausserordentliche Zahl der Radirungen
gerade in den Jahren 1633 und 1634 und die geradezu riesige Thätig-
keit, welche der Künstler gleichzeitig als Maler entfaltet, berücksichtigen,
so erscheint gewiss eine aufmerksame Betrachtung der Blätter auf die
Frage, ob nicht Schüler daran mitgearbeitet haben können, mehr als
berechtigt. Auch die abweichenden Inschriften, wie »Rembrandt f. cum
pryvil.« oder »Rembrandt inventor et fecit« oder gar »Rembrandt gere-
tukeert« (dem Sinn nach übereinstimmend mit der Aufschrift auf dem
eben genannten Münchener Bilde), sprechen für eine abweichende Ent-
stehung und für eine Betheiligung von Schülern bei solchen Blättern.
Dazu kommt, dass nicht nur von verschiedenen derselben Skizzen von
Rembrandt’s Hand vorliegen (wie Seymour Haden für den Ecce homo
nachgewiesen hat), sondern dass einzelne dieser Gompositionen auch in
Gemälden Rembrandt’s sich fast unverändert wiederholt finden: so in
der grossen Kreuzabnahme in der Pinakothek (1633) und in der Ere-
mitage (1634) und im barmherzigen Samariter bei Sir Richard Wallace.
Eigenhändige Radirungen Rembrandt’s kommen aber sonst nach seinen
Gemälden nicht vor, wie er auch nicht gewohnt war, Farbenskizzen
als Vorarbeiten für seine Bilder zu machen.
Bei diesen grossen Blättern, meist aus den Jahren 1633—1636,
berechtigt daher (und zwar meines Erachtens mehr als es Dr. Sträter
zugeben will)J) die abweichende Behandlung zu dem Schlüsse, dass sie
unter Beihülfe von Schülern ausgeführt wurden. Die Entscheidung,
b Umgekehrt scheint mir Dr. Sträter den »Sujets libres« gegenüber eine
unberechtigt strenge Kritik zu üben; offenbar nur aus dem Wunsche heraus, sich
durch dieselben nicht das Bild seines grossen Meisters entstellen zu lassen.
 
Annotationen