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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Hermann Dierks: Houdon´s Lehrjahre
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0327

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Houdon’s Lehrjahre.

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um die Arbeiten der Schüler nachzuahmen. Die Professoren, namentlich
Pigalle, wurden aufmerksam auf seinen brennenden Eifer und das Talent,
welches sich in seinen Versuchen kund gab, und hielten es der Mühe werth,
dem höchstens 10- bis 12jährigen Kinde Rathschläge und Ermuthigungen zu
geben.« Spielte der Knabe im Hofe des Louvre, so musste unwillkürlich sein
Blick auf die Ateliers der bedeutendsten Bildhauer fallen, die dort im Erdgeschoss
eingerichtet waren. Im südlichen Flügel befanden sich die Ateliers von Francin
und Vasse, in dem östlichen die von Flamand, Pigalle, Lemoyne, Vinache, Fal-
connet und Adam, in dem nördlichen die der Slodtz’s und Bouchardon’s8).
Wahrscheinlich auf Veranlassung der Professoren, die das Talent des
Knaben bemerkt hatten, trat er in die Academie de peinture et de sculpture.
Dort begann er zunächst mit der Zeichnung nach dem Modell, die als Basis
der künstlerischen Entwickelung betrachtet wurde 9). Seine Lehrer waren die
Professoren der Akademie, die monatlich wechselten. Der Unterricht dauerte
zwei Stunden und fand täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage statt.
Um den Fleiss der kleinen Schüler anzuspornen, liess man sie um die Plätze
arbeiten. Dann wurden die drei besten Zeichnungen oder Bas-reliefs nach dem
Modell alle drei Monate gekrönt. Dies nannte man die »kleinen Preise«.
Houdon wurde derselbe bereits im Alter von 15 Jahren zuerkannt, am 25. Sep-
tember 1756 10).
Da der Preis in einer silbernen Medaille bestand, so nannte man die
Gewinner desselben: Medaillisten. Diese hatten das Recht und die Ehre, vor
den übrigen Schülern und gleich nach den Professoren und den Eleves pro-
teges den Studiensaal zu betreten. Aber auch ihnen war streng befohlen, vor
dem Eintritt in das Unterrichtszimmer den Degen abzulegen, den die jungen
Schüler nach der damaligen Sitte trugen. In der neuen Classe wurden die
Studien ernster und schwieriger. Man beschränkte sich nicht mehr auf das
Modell, sondern man begann nach der Natur zu arbeiten und unter Anleitung
des Lehrers eigene Gompositionen zu entwerfen. Zugleich wurden die Schüler
in der Geometrie, Perspective und Anatomie unterrichtet.
Unter diesen Studien verfloss die Zeit. Das nächste Ziel Houdon’s war
der Concours um den grossen Preis: der Prüfstein für das Talent der heran-
wachsenden Künstler. Im Jahre 1761 glaubte er sich bereits stark genug,
um den Wettstreit mit seinen Genossen aufnehmen zu können. Der Concours
wurde wie gewöhnlich einige Tage vor dem ersten Sonnabend im Monat April
8) Blondei, Arch. francoise 1752—56, T. IV, p. 30.
9) Diese Nachrichten über die innere Einrichtung der Schule entnehme ich
dem häufiger citirten Werke Blondel’s. Die Biographen Houdon’s übergehen seine
Erziehung gänzlich.
10) Registres de l’Academie de peinture et de sculpture, 1756, 25 Sept. (Arch.
de l’Ecole des beaux-arts). Messieurs les Officier^ en Exercice pendant le quartier
conjointement avec Mrs. les Recteurs et Adjoints ä Recteur; etant assembles pour
adjuger les prix qui sont accordes tous les trois mois sur les Academies des Eleves
d’apres le Modele ont juge que le nomme Duvivier S. a merite le premier prix, le
Brun P. le second, A. Houdon S. le troisieme.
 
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