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Repertorium für Kunstwissenschaft — 25.1902

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Schottmüller, Frida: Zwei Grabmäler der Renaissance und ihre antiken Vorbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.61695#0415
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Zwei Grabmäler der Renaissance und ihre antiken

V orbilder.

Von Frida Schottmüller.
In der Geschichte der bildenden Kunst steht das Grabmal an
wichtiger Stelle. An heiliger Stätte ist es errichtet, aber es dient der
irdischen Repräsentation. So steht es zwischen sacraler und profaner
Kunst in der Mitte. Mit ersterer hat es den festeren Anschluss an die
Tradition gemeinsam, und ist doch der intimsten Aufgabe der Kunst, dem
Bildnisse am nächsten verwandt.
Die Ruhmsucht, jener Hauptfactor treibender Kraft in der italie-
nischen Renaissance, bricht hier sich nur allmählich Bahn. Sehr viel
früher macht sie sich in den Inschriften als in den bildlichen Darstel-
lungen bemerkbar. Bereits im Mittelalter war der ruhende Todte oder
auch sein Bildniss als Lebender der gebräuchlichste Grabschmuck. Die
Renaissance übernimmt Beides. Letzteres bildet sie in mannigfaltigen
Variationen, als Relief, als Büste, als halbe oder ganze Figur aus. Was
bei reicheren Denkmälern noch sonst an bildnerischem Schmucke vor-
kommt, ist biblischen oder allegorischen Inhalts. Die Madonna, der
Schmerzensmann, Passionsscenen und die Auferstehung sind am häufigsten.
Idealgestalten deuten auf die Tugenden des Verstorbenen hin. Die Engel,
Putten und Wappenhalter sind nur für die Decoration von Bedeutung.
Unmittelbarere Bezugnahme auf den Todten, Darstellung von Scenen aus
seinem Leben kommen bis ins XVI. Jahrhundert nur bei Heiligen, später
etwa auch bei Päpsten und Fürsten vor. Die Professoren - Gräber in
Bologna und Padua bilden nur scheinbar eine Ausnahme, da es sich bei
ihnen nicht um die concrete Darstellung eines bestimmten Vortrages
handelt. Das Auditorium ist ihr Attribut, wie das Pferd das des Condottiere,
der Bettler das der heiligen Elisabeth.
Nach solchen Erwägungen zweifelt man nicht am Erstaunen der
Zeitgenossen über Verrocchio’s Grabmal für Francesca Tornabuoni. Nach
elfjähriger Ehe mit Giovanni Tornabuoni, dem Oheim des Lorenzo
Magnifico war Francesca di Luca Pitti am 23. September 1477 in Rom
im Wochenbett gestorben. Ein Brief des Wittwers sichert das Datum.1)
A. von Reumont: Zum Leben des Verrocchio. Zahn’s Jahrbücher II. 136.

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXV.

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