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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0865
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Weise bestechen oder beirren zu lassen. Von der Scclengröße,
von dem Ebelmuth und der Hochsinuigkcit der Arbeiter ist dies
nicht das einzige Beispiel ihres unbestechlichen Charakters. In
Paris, in Wien, in Mailand und Nom haben sic ebenso ge-
zeigt, daß sie würdige Söhne der Revolution sind, für die
Freiheit leben und sterben und nirgend« ein Gelüste nach frem-
dem Eigenthum gezeigt haben, wie boshafte, niederträchtige,
feige, verrätherische Börsen-Menschen immer frech, ohne auf
Beispiele verweisen zu können, sie zu verdächtigen suchen. —
Lernt ihr eifrigen Jünger des treulosen Gottes Merkurs, mit
dessen papierenen Flügel einzig euer Kopf geziert ist, von dem
Hammer schwingenden Cyklopen-Geschlecht die schönste Göttin
der Freiheit umarmen — die ihm nur reine Braut ist, euch
aber, ihr glücklichen Schwelger, als besitzende Göttin ver-
mählt wird. Für euch holt der muthige Arbeiter die Kasta-
nien aus dem Feuer, die ihr selbstsüchtig allein verzehrt und
ihm die Hülsen zum Lohne reicht!
Prag, 2. Dezember. Aus dem nördlichen Böhmen und
aus Mähren laufen immer weitere Nachrichten von Verweige-
rung der Rekrutenstellung ein. Auch hört man, daß dort
von der sogenannten Häuslern gegen die Hofbauern ein Aufstand
stattfand, der sehr um sich greift. Hiermit mögen die Trup-
penbewegungen in Verbindung stehen, die sich dieser Tage
wahrnehmcn ließen.
— Man erfährt soeben mit Bestimmtheit, daß auf den
9. der allgemeine Angriff gegen Ungarn festgesetzt ist. Die
Schwierigkeit der Verproviantirung ist ungeheuer und allein
an der Verzögerung schuld. Der ungarische Krieg wird so
schnell nicht beendigt sein, weil Ungarn fast alle Festungen
inne hat und von den Karpathen aus ein Guerillakrieg geführt
werden kann.
— 3. Dez. Die kaiserlichen Manifeste haben, was sich
denken läßt, allgemein überrascht. Der „constitutionelle Kaiser"
ist in keinem von beiden Manifesten zu finden; dagegen prangt
wieder das »von Gottesgnaden" wie ehemals.
Auch wieder eine Märzerrungenschaft!
lH Krakau, 4. Dez. Aus Warschau wird berichtet,
daß an einer Uebereinkunft des Czaars mit den Tscherkessen
kein wahres Wort, und daß laut Nachrichten aus Tiflis durch-
aus keine Veränderung in den seitherigen Verhältnissen^daselbst
eingetreten sei. Das Ganze beschränke sich darauf, daß einige
daghestanische Stämme dem Fürsten Worenzoff den Frieden
angeboten haben sollen, in Folge dessen 5000 Mann Russen
nach Polen aufgebrochen wären. Zöge sich Rußland aus dem
Kaukasus zurück, so gebe cs damit seine bisherige Politik und
einen Thcil seiner asiatischen Besitzungen aus, was man doch
keineswegs bei seiner unersättlichen Erwerbungslust annehmen
kann.
Freie Schweiz.
Die Bernerzeitung versichert aus glaubhafter Quelle, daß
den sogenannten Maaßregeln der Centralimpotenz von Frank-
furt gegen die Schweiz, die wir in einer vorigen Nummer
bezeichneten, keine weitere Folge gegeben werden solle. Zwar
war, sagt sie ferner, wie wir von der Grenze vernehmen, der
Beschluß zu strenger Ueberwachung des Personenverkehrs be-
reits angekommen und in Vollziehung gesetzt worden; allein
schon am folgenden Tage wurden die deßfalsigen Befehle wi-
derrufen. Die centralgewaltigen Maaßnahmen sind also nicht
so schrecklich in der Praxis, wie auf dem Papier.

Die frankfurter Werkmeister sollen zucrss ihren babyloni-
schen Thurm fertig bauen und nachher erst eine chinesische
Mauer um die Schweiz ziehen. Am Rathimnsten wäre es
übrigens, sie blieben mit den Schweizern aus gutem Fuße;
es ist nicht verbrieft ob nicht noch einige Mitglieder der Ver-
sammlung, und zwar der Rechten, eine unfreiwillige Reise in
die Schweiz machen werden — und republikanische Luft ein-
athmen müssen. — Vater Louis Philipp und der heilige Va-
ter fanden auch für gut, kleine Luftveränderungen zu machen.
Republik Frankreich.
Hiiuinge». Wir glauben zu wissen, daß man sich in
den Kriegsbüreau sehr streng mit der Wiedererbauung der
Festungswerke von Hüningen beschäftigt, welche mit Mümpel-
gard die erste Linie unserer Festungswerke an der Grenze der
Schweiz und des Großherzogthums Baden ausmachen. Die
Pläne seien fast schon beendigt. Drei Millionen würden für
diese wichtigen Arbeiten ausgegeben. Wir können diesem Ent-
würfe der Regierung der Republik nur unfern Beifall geben.
Derselbe wird der Ehre Frankreichs einen großen Schandfleck
abnehmen, den sie durch die Niederträchtigkeit der Restaura-
tion erhalten, und die schändlichen Traktate von 1815 um-
stürzen-
Straßburg, 7. Dez. Der zu fein gesponnene Faden
reißt. Der "Papst in Frankreich" sollte die Geistlichkeit und
das von dieser abhängige Volk für Cavaignac stimmen; die
Leute rufen nun: »Seht, er will sich salben lassen!" Die
Protestanten stutzen, der Berg murrt. Wenn nun gar der
Pabst nicht käme, wenn er Malta oder Mayorka vorzöge?!
Jedenfalls scheint er die Präsidentenwahl außerhalb Frank-
reichs abwarten zu wollen; dann wäre ja ohnehin der Zweck
verfehlt. Die Deputirten beider Nheindepartemente sind nach
Paris zurückgekehrt. Die Emmissäre und Flugschriften der
Kandidaten überschwemmen das nördliche Frankreich. Für
Ledrü-Rollin allein kämpfen über zehnerlei Flugschriften. Nun
dauert den Franzosen bald der Ernst zu lang; es muß ein
Witz gerissen werden. Professor Anton Watbled bietet sich
der französischen Republik als oberster Chef an. Niemand
kennt ihn, allein er hat ein großes Manifest erlassen. Er
spricht von seinen vielen Werken, die sich alle noch als Ma-
nuscript befinden.
Paris, 7. Dezember. Gestern wurde hier das Gerücht
von Karl Alberts Tod verbreitet. Heute wird mit Bestimmt-
heit versichert, daß der König von Sardinien wirklich vergiftet
worden, daß das Gift aber nicht den Erfolg gehabt, den man
erwartete, sondern nur die Gesundheit des Monarchen sehr
erschüttert habe.
Paris, 5. Dez. Je mehr sich der entscheidende Augen-
blick naht, desto lebhafter wird die Bewegung in den Gemä-
chern und desto bedenklicher die Lage des Landes. Für L. Bo-
naparte werden stimmen die platzloscn Jntriguanten (und de-
ren Zahl ist Legion); der größere Thcil der dynastischen Linken
und hauptsächlich die reinblütigen Legitimisten, die durch den
Nebenweg auf die große Landstraße (ronto ro^ulg) gelangen
wollen. Hiezu rechne man noch die Masse von Bauern, bei
denen der Name Napoleon noch eine magische Gewalt behaup-
tet. Für Cavaignac hingegen stimmen: alle diejenigen, welche
mit Bonaparte nur eine Reihe von neuen Convulsionen vor-
aussehen; der größere Theil des Heeres und die nicht legiti-
mistische Geistlichkeit, obgleich die Nichtbestätigung der so pomp-
haft angekündigten Ankunft des Pabstes in Frankreich eine sehr
ungünstige Reaktion für ihn hervorgebracht hatte, Endlich die
 
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