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Vom Rhein: Leben, Kunst u. Dichtung — Essen, 1847

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Kunst und Literatur
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Schnaase, Carl: Die Kirche zu Ramersdorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.20633#0230
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vom Boden cmfsteigende Stützen, sondern ruhen unmittelbar
oder mittelbar auf Kragsteinen, die aus den Wänden hervor-
treten; die mittleren Säulen sind so leicht gehalten, daß man
sie eher vergißt, als daß man sie als den Kern und Träger
des Baues ansehen könnte.

Jn allen technischen Beziehungen, in allen Einzelnheiten
gehört daher der Bau noch dem romanischen Style an; sehen
wir aber auf den Eindruck, den das Gebäude in seinem Jn-
nern hervorbringt, so gleicht er eher dem des gothischen Styls.
Die Schwerfälligkeit und Derbheit, welche senem ältern Style
anklebte, die ruhige Festigkeit und Würde, die ernste, feier-
liche Pracht, welche ihn auszeichneten, sind schon verschioun-
den. Diese einfachen Wände mit ihren kleinen Halbsäulen,
die schlanken Säulen am Mittelschisse mit dem hellen Lichte,
das sie umspielt, die mannigfaltigen Durchsichten, welche sie
gewähren, mit den auf jeder Stelte wechselnden und doch so
regelmäßigen Combinationen senkrechter und geneigter Linien
an Wänden und Gewölben, alles dies giebt uns das Bild
einer einfachen und mäßigen, aber völlig entwickelten und
harmonischen Anmuth und Zierlichkeit, wie sie dem gothischen
Style, besonders in seiner frühern Zeit eigen ist. Diese An-
muth geht in diesem Style besonders daraus hervor, daß die
einzelnen Glieder und der ganze Bau gleichsam dem Boden
entwachsen, aus einfacher Festigkeit sich nach oben hin zu rei-
chen, heitern und leichten Formen entwickeln, und diese Ten-
denz hat unsern Baumeister auch augenscheinlich geleitet. Die
Formen, welche später herrschend wurden und es erleichter-
ten, diesen Ausdruck zu gewinnen, sind ihm noch unbekannt,
in allen Einzelnheiten folgt er dem alten Style; aber durch
geschickte Benutzung seiner Mittel weiß er die obern Theile
leichter und mannigfaltiger zu machen, und so dieselbe Wir-
kung zu er-reichen. Der gothische Bau vermied die schweren
horizontalen Linien, welche, aus der antiken Architektur her-
rührend, die romanischen Gebäude noch wie eiserne Bänder,
 
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