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Rocznik Historii Sztuki — 21.1995

DOI Artikel:
Pankiewicz, Anna: Chrystus-Sędzia z dwoma mieczami na tympanonie południowym katedry gnieźnieńskiej
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https://doi.org/10.11588/diglit.16407#0108
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ANNA PANKIEWICZ

CHRISTUS ALS RICHTER MIT ZWEI SCHWERTEN AUF DEN SÛDLICHEN

TYMPANON DES DOMES ZU GNIEZNO

Zusammenfassung

Im Jahre 1962 wurde in der siid-westlichen Vorhalle des Dômes zu Gnesen (nach 1342 - 80e Jahren des 15. Jhrs) ein aus
dem Kunststein ausgefertigtes Portai mit einer Weltgerichstdarstellung im Tympanon entdeckt. Wâhrend des Wiederaufbaues des
Dômes, der nach dem Brand im 1670 stattgefunden hatte, wurde aus der Hauptvorhalle (Porta Regia), die damais abgetragen
wurde, die sog. Gnesener Ttir und der "Marmorturrahmen" in die stid-westliche Vorhalle iibertragen, die das gothische Portai zu
deckten. Die Darstellung des Jiingstes Gerichts tauchte unter einer Schicht Putz und Schutt von angestossenen Elementen des
Portais und der Blenden, die die Wânden der Vorhalle zierten. Bei der Entdeckung des Portais, wurde auch die fragmentarisch
erhaltene Westblende aufgefunden. Das Bild des Weltgerichts umgibt eine funfbogige Archivolte, derer vier Bogen mit Tieren-
gestalten geschmiickt sind, die Siinden und Tadeln personifizieren, auf dem Fimften - symbolisiert ein Krieger eine mit Untugen-
den kâmpfende Tugend. Das Tympanon stellt auf dem Regenbogen sitzenden und seine Wunden zeigenden Christus-Richter dar,
den Maria, hl. Johanes Ev. und Arma Christi tragenden Engeln begleiten. Das vereinzelt auftretende Motiv dièses Jiigste-Gericht-
Bildes, und zwar nur in der westlichen Kunst, ist die Darstellung der zwei Schwerter, die aus dem Mund des Richters ausgehen,
deren Quellen in der biblischen Texten (Iz 11, 4; Ар 1, 16, 2, 12, 2, 16, 19, 5; Ps 149, 6) und in der auf dem Grund des
Investiturkammpfes entwickelte und auch ihre Grundlagen aus der Bibel schôpfende (Lk 22, 35-38; Rom 13, 4; Eph 6, 17) Zwei-
Schwerter-Theorie zu finden sind. Der Papst Gelasius I (492-496), der die gôttliche Abstammung sowohl der Kirche als auch des
Staates anerkannte, formulierte eine gegenseitige Abhàngigkeit der Kirche und des Staates in der der Weltordnung-Allegorie. Seit
der Zeit Karls des Grossen senkte sich die Schale dièses Gleichgewichtes zugunsten des Kaisers, der sich fiir den von Gott
Auserwâhlten und deswegen eine unbeschrânkte Macht Besitzenden hielt, was in der Folgę den Grund fiir das Eingreifen der
weltlichen Herrscher in den Kirchenangelegenheiten bildete. Der Kampf gegen die weltliche Macht in der Kirche wurde vom
Papst Gregor VII (1073-1085) angefangen, der von Heinrich (1056-1106) verlangte, auf die Kirchenàmterernennungsrechte zu
verzichten. Die Ablehnung des Kaisers fuhrte zu einem scharfen Konflikt, dessen Folge im 1075 die Dictatus-Papae-Ankundigung
war. Der formale Investiturstreit endete mit dem Konkordat in Worms im 1122 unter dem Papst Kalikst II (11 19-1124).

In der Karolingenzeit wurde die aus dem Paulusbrief an Epheser (6, 17) abgeleitete Bestimmung das "gestliche Schwert",
mit dem Begriff des "weltlichen Schwertes" ergântzt und dem Kaiser oder dem Papst als ihre Gewaltsymbole zugeschrieben. Die
Lehre von zwei Schwerten entwickelte hl. Bernhard von Clairvaux, dessen Meinung nach die beiden Schwerter dem Papst, als
Petrusnachfolger, gehôren. Zur Grùndung der Basis des Zusammenwirkens von der geistlichen und weltlichen Macht, sowie der
Theoire der Suprématie der geistlichen uber der weltlichen Macht, trugen Alexander III (1159-1181), Innocenz III (1198-1216) und
Bonifacius VIII (1294-1303) bei. Die von Bonifacius im Jahre 1302 angekundigte Bulle "Unam Sanctam", spielte eine bedeutende
Rolle in der Gestaltung des Verhaltinsses zwischen der Kirche und dem Staat.

Die Meinung liber das Thema der gegeseitigen Abhàngigkeit des Papstes und des Kaisertums wurde u.a. in dem 1221-1224
entstandenen Sachsenspiegel (vel Spiegel der Sassen) geàussert: "Richter der Richtern hat dem Papst den geistlichen und dem
Kaiser den weltlichen Schwert gegeben, daher der Kaiser dem Papst den Steigbiigel halten soll, damit sein Sattel nicht schwangte,
und der Papst soll die weltliche Gerechtigkeit unterstiitzen". In einem Biicherverzeichnis der Kapitulbibliothek zu Gnesen (1608)
wurden zwei Egzemplare des Sachsenspiegels aufgeschrieben, erstes aus dem 13. Jhr. - Ms. 70 - in der deutschen Sprache,
zweites im Jahre 1359 in Polen vom Deutsch ins Latein iibertragene Ms. 104, welche vermutlich als eine Anregung zur Idee der
Gnesener Darstellung vom Christus mit zwei Schwerter dienen konnten.

Die Zwei-Schwerter-Theorie war in Polen bekannt, was die im 1. Drittel des 15. Jhrs entstandene Schriften von Paweł
Włodkowic, die fur das Souveranitatsprinzip des polnischen Staates gegen dem Universalismus des Kaisers, unter Anlehnung u.a.
an die Bulle "Unam Sanctam", eintraten, beweisen.

Den Grundsatz der Unabhangigkeit Polens vom Kaiser âusserte der Bote Kasimirs des Grossen, Spytko von Melsztyn, im
1357 ara Hof des Karls IV., als er in Erinnerung brachte, dass der Kaiser "niedriger als der Papst ist und ihm den Treueid ablegt",
und gleichzeitig hob er hervor, dass "unser Kônig die Krone und das Schwert von Gott hat inne". In der im Gnesener Tympanon
wiedergegebenen Zwei-Schwerter-Theorie wurde wohl den gleichen Sinn angegeben: die kônigliche Gewalt kommt unmittelbar
von Christus her.

Eine Ûbereinstimmung der Kônigs- und Metropolitesbestrebungen, deren Ziel war, die Unabhangigkeit des polnischen
Staates zu bauen, sowohl auf dem Gebiet des Verhâltnisses zum Papsttum als zum Kaisertum, fand gewiss ihren Ausdruck in der
Ersten unter der Kirchen des Landes. Eine Idee-Eingebung kam wahrscheinlich vom Erzbischof Jarosław Bogoria von Skotniki,
damaligem Metropolit und dem Initiator des Dombaues, der sich nicht nur um die Erhebung des Metropoleprestiges bemuhte,
sondern auch einen Beitrag zum Grunden der Position Polens auf der international en Biihne einbrachte. Das Tympanon konnte auf
der Neige der Amtsfiihrungzeit des Jarosławs oder kurz nach seinem Tod (1376) enstanden sein, als die Verwaltung der Diôzese
von Janusz Suchywilk, einem der nahersten Mittarbeitern Kasimirs des Grossen und dem Kônigstestamentvollstecker, ubernommen
wurde.
 
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