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Emil Richter (Firma : Dresden)
Max Slevogt als Illustrator: Kunstausstellung Emil Richter, Dresden — Dresden: Kunstausstellung Emil Richter, [1912]

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https://doi.org/10.11588/diglit.73897#0003
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Max Slevogt als Illustrator
Seit man im 19. Jahrhundert nach den Vorgängen von
William Morris und seiner Kelmscott=Press wieder an-
fing, gute Bücher zu drucken, ergab sidi für den Zeichner,
der ein solches Stilrein entworfenes Buch mit Bildern
schmücken sollte, ein beträchtliches Dilemma: Der Zwang,
entweder rein kunstgewerblich zu werden, oder gegen die
Linien=Einheit der Buchseite zu verssoßen. Sämtliche Illu-
ßrationen der guten englischen und deutschen Bücher sind als
Kunstwerke nicht erden Ranges. Bine Illustration in einem
solchen Buch ist gleichsam wie eingespannt in das Prokrustes-
bett einer Arabeske, einer oft wundervollen Arabeske, aber
doch immerhin einer Arabeske, einer Zierform also, keiner
Ausdrucksform.
Die ganz großen Künltler, die es zur Illustration treibt,
haben aus diesem Dilemma, diesem Widerstreit zwischen Kunst
und Kunstgewerbe, zwei Auswege: Entweder sie illustrieren
außerhalb des Textes, wie Delacroix den Fault, setzen ein
Schlagwort darunter und nehmen an, der Rest verliehe sich
von selbst, oder sie kümmern sich einfach gar nicht oder nur
pro forma um das Problem. Sie zeichnen die Vorstellung, die
sie sich bei der Lektüre gemacht haben, auf, in aller Lebendige
keit und fügen sie dann dem Druckspiegel so ein, daß nicht
das Ganze vollkommen zerfrört wird, oder so, daß die Type
halbwegs zur Illustration paßt, oder auch, wenn es einmal so
kommt, daß sie gar nicht paßt. Die wirklich guten Illustrationen
des 19. und 20. Jahrhunderts sind kein Buchlmmuck. Ein Biblio-
>hile reinen Wallers muß Menzels Illustrationen zu Kuglers
Friedrich dem Großen schreddidi finden, Klingers Eros und
Tydie beinahe ebenso, und Bonnards Dapnnis und Cloe
mindestens mißglückt, ebenso Lautrecs Bücher. Aber darauf
kommt es nicht an. Wer wirklich die Kunst liebt um ihrer
selbst willen und um des Lebens willen, das sie ausdrückt, dem
ist der Buchschmuck und das Bibelot gleichgültig. Er greift,
wenn er BudiilluStrationen genießen will, zu den Seltenen, zu

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