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VORWORT.

Die vorliegende Sammlung von Kunstmedaillen ist uns von der Witwe des vor Jahren
verstorbenen Sammlers derselben nunmehr zur Auflösung übergeben worden. Es war
mir vergönnt, dem Sammler persönlich näher zu treten, und ihm in seinen letzten Jahren be
den Ankäufen ratend zur Seite stehen zu dürfen. Mit feinem Kunstverständnis und auserlesenem
Geschmack ist die Sammlung in einer langen Reihe von Jahren aufgebaut worden, wenn auch
leider infolge einer sehr zahlreichen Familie häufig die zur Verfügung stehenden Mittel beschränkt
waren. Es sind aus diesem Grunde Werke der ersten Meister der frühen deutschen Renaissance
nicht so zahlreich vertreten, wie die der späteren Zeit. Trotzdem finden wir auch von Schwarz,
Hagenauer, Gebel, Deschler hervorragende Originale. Besondere Liebe hat der Sammler auf
die religiösen Medaillen des L6. Jahrhunderts verwandt, und so finden wir von Hans Reinhart
dem Aelteren eine Reihe prächtiger Originale, wie sie kaum in einer anderen Sammlung vor-
gekommen ist. Die Joachimstaler Schule ist sehr gut mit durchweg ausgezeichneten Exemplaren
vertreten, besonders zahlreich finden wir darunter auch geprägte Stücke. Diese Prägestücke
dürften kaum für den Verkauf bestimmt gewesen sein, und sind wohl als Modelle zur Her-
stellung von Gussformen zu betrachten. Die Verwendung der Stempel zur Prägung aller
Exemplare, die aus den Werkstätten herausgingen, kam wegen der geringen Haltbarkeit der
Stempel nicht in Frage. Es sind mithin hier also die direkt nach diesen geprägten Stücken
gegossenen Exemplare als Originalgüsse anzusehen und auch so von mir bezeichnet worden.
Bei diesen religiösen Medaillen ist es mir gelungen, für eine Reihe derselben die Vorlagen
unter den Holzschnitten und Kupferstichen der Zeit zu finden, und habe ich einige derselben
zum Vergleich im Text zur Abbildung gebracht.
Die deutschen Medaillen der 2. Hälfte des XVI. Jahrhunderts sind mit ganz vorzüglichen
Stücken und Exemplaren vertreten, ich möchte nicht auf Einzelheiten eingehen und will mich
damit begnügen, auf das goldemaillierte Stück der Brandenburger Prinzessin Sophie (Nr. 197),
dieser Perle deutscher Emaille-Arbeit, hinzuweisen.
Für die deutschen Medaillen des XVI. Jahrhunderts habe ich neben der Literatur auch
die abgeschlossene Materialsammlung zum Corpus der deutschen Renaissancemedaille dank
der Liebenswürdigkeit von Herrn Professor Habich und Herrn Dr. Bernhart in München
benutzen können, und stützen sich darauf die gelegentlichen Angaben, wie „einzig bekanntes
Exemplar“ und ähnliche. Für die Angabe des Zustandes der Stücke, ob Original, alter oder
neuerer Guss, habe ich gleichfalls das Münchener Material benutzt und möchte besonders
Herrn Dr. Bernhart auch an dieser Stelle für seine liebenswürdige Unterstützung danken. Die
Entscheidung dieser Fragen ist häufig ausserordentlich schwierig, und bin ich mit grösster
Vorsicht vorgegangen, aber es kommt vor, dass die Ansichten unserer ersten Kenner gelegentlich
auseinander gehen. Auch von manchen Prägemedaillen gibt es gleichzeitige Güsse und dürfte
auch bei den geprägten Exemplaren, gleich wie bei den Joachimsthalern, es sich zum Teil nur
um Prägungen für Modellzwecke handeln, so dass die gleichzeitigen Güsse als Originale an-
zusehen sind. Dies dürfte meiner Ansicht nach z. B. der Fall sein bei Nr. 186 und Nr. 212,
auch für niederländische Medaillen von Conrad Bloc dürfte dies gelten.
Reich an Stücken von ausserordentlicher Seltenheit sind die Reihen des XVII. Jahrhunderts,
beherrscht von Christian Maler, Dadler, Höhn und dem um die Wende zum XVIII. Jahr-
hunderts so produktiven Christian Wermuth.
Die holländischen und französischen Medaillen sind, wenn auch nicht so zahlreich wie die
deutschen, doch durch ganz hervorragende Stücke, die englischen dagegen nur durch ganz
wenige Exemplare vertreten.
Die Literaturangaben werden im allgemeinen verständlich sein: Habich S. = Habich
Deutsche Medailleure des XVI.Jahrhunderts, H. St. = Habich Studien zur Deutschen Renaissance-
Medaille, in dem Jahrbuch der kgl. preussischen Kunstsammlungen. Dom. = Domanig „Portrait-
medaillen des Erzhauses Oesterreich“, Dom. D. M. — Domanig „Die Deutsche Medaillen in
kunst- und kulturhistorischer Hinsicht“.

HALLE (Saale) im April 1921.

Dr. RICHARD GAETTENS
Mitinhaber der Fa. A. Riechmann & Co.
 
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